EKD-Präses Schwaetzer sieht die Judenmission als „wunde Stelle“

Bremen (epd). Die Frage der Judenmission ist nach dem Empfinden der Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Irmgard Schwaetzer, eine "wunde Stelle in unserem Verhältnis zum Judentum". "Judenmission und antijüdische Stereotype gingen schon immer Hand in Hand", sagte die Vorsitzende der EKD-Synode am 6. März in Bremen. "Daran hatte auch reformatorisch geprägte evangelische Theologie ihren nicht unerheblichen Anteil." Schwaetzer verwies auf ein Papier, mit dem sich das Kirchenparlament der EKD im November in Magdeburg einmütig gegen eine Mission von Juden gewandt hatte.

"Nicht berufen, Israel den Weg zu Gott zu weisen"

Christen seien "nicht berufen, Israel den Weg zu Gott und seinem Heil zu weisen", heißt es in der Kundgebung. Schwaetzer sagte dazu laut Redemanuskript, es sei deutlich, "dass wir alle gezielten Versuche, Juden zu 'bekehren' ablehnen". In einem Vortrag zur bundesweit derzeit laufenden "Woche der Brüderlichkeit" fügte sie hinzu, dies sei keine Ablehnung des christlichen Sendungsauftrages in dieser Welt: "Wir respektieren als von Israel getrennte Kirche Gottes eigenen Weg mit seinem Volk."

Im Zusammenhang mit dem 500. Reformationsjubiläum in diesem Jahr erinnerte Schwaetzer im Bremer Rathaus auch an die antisemitischen Aussagen Martin Luthers. Der Umgang damit sei "ein Lackmustest dafür, ob wir nach der Katastrophe der Schoah im 21. Jahrhundert noch in einem reformatorischen Sinn Christen sein können". Sie sei zutiefst davon überzeugt, dass man nicht von der Freiheit des Glaubens und der Liebe zum Nächsten sprechen könne, ohne das Verhältnis zum Judentum und zum jüdischen Glauben zu bedenken.

Schattenseiten des Reformators

Luthers Judenfeindschaft gilt als große Belastung für die Geschichte der evangelischen Kirche und wird den Schattenseiten im Wirken des Reformators zugerechnet. 2015 hatte sich die EKD-Synode bei ihrer Sitzung in Bremen in einer einstimmig beschlossenen Kundgebung von den judenfeindlichen Aussagen Luthers und anderer Reformatoren distanziert. Das weitreichende Versagen der evangelischen Kirche gegenüber dem jüdischen Volk erfülle mit Trauer und Scham, heißt es in dem Papier.

7. März 2017