Präsident des Zentralrats der Juden: Besonders Luthers spätere Schriften sind antisemitisch

Mannheim (epd). Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sieht den Reformator Martin Luther äußerst kritisch. "Für Juden ist Martin Luther eine problematische Persönlichkeit. Besonders seine späten Schriften sind klar antisemitisch", sagte Schuster dem "Mannheimer Morgen". Die Forderungen des Reformators von 1543, Synagogen in Brand zu stecken und die Juden aus dem Land zu vertreiben, ließen keinen Zweifel: "Luther war ein Antisemit", unterstrich Schuster mit Blick auf Luthers Schrift "Von den Juden und ihren Lügen".

Der Zentralrats-Präsident hob die Distanzierung der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) von Luthers judenfeindlichen Aussagen von 2015 hervor: "Das war ein sehr wichtiger Beschluss." Zudem würdigte er, dass die Synode im vergangenen Jahr die Abkehr von der Judenmission bekräftigt hat. 

Schuster hält kirchliche Feiertage für wichtig

Auf die Frage, ob Luther Mitschuld am Massenmord an den Juden durch die Nationalsozialisten trage, sagte Schuster: "So würde ich das nicht ausdrücken. Aber Fakt ist: Das ist nicht nur ein Thema der evangelischen Kirche, sondern man muss auch die katholische Kirche in die Verantwortung dafür nehmen, dass über Jahrhunderte im kirchlichen Bereich antijüdische Ressentiments und Antisemitismus einen weiten Raum eingenommen haben. Insoweit war dem Nationalsozialismus auch durch die kirchliche Lehre der Boden geebnet."

Mit Blick auf den Reformationstag am 31. Oktober, der in diesem Jahr erstmals als bundesweiter Feiertag begangen wird, sagte der höchste Repräsentant der Juden in Deutschland, dieser Tag habe für die evangelischen Christen eine besondere Bedeutung: "Es ist kein Luthertag, sondern ein Tag zum Reformationsjubiläum. Ein Gedenken in dieser Form unterstütze ich so, wie ich alle kirchlichen Feiertage für wichtig halte."

17. März 2017