Die protestantische Generalität der Bundeswehr

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Tagung zur Bedeutung der Reformation für das Militär: Gewissensgeleitete Kultur und bessere Ausstattung gefordert

In der Generalität der Bundeswehr stellen noch immer die Protestanten mit 64 Prozent den höchsten Anteil. In der Teilstreitkraft Heer sind es etwa 74 Prozent. Die Zahlen sind aber neben der Konfession noch stärker abhängig von der geographischen Herkunft, dem Beruf der Väter und der Bildung. So sind die Väter der Generäle zu 60 Prozent Beamte, zu 20 Prozent Angestellte und zu 12 Prozent entstammen sie aus freien Berufen. Hoch ist auch der Anteil derer, deren Familien im urbanen Umfeld leben. „Die Militäreliten entstammen den Verwaltungseliten“, sagte der wissenschaftliche Mitarbeiter des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMS), Oberstleutnant Dr. Thorsten Loch, in seinem Vortrag „Protestantische Prägung der deutschen Generalität?“ während einer Tagung „Die Bedeutung der Reformation - für das Militär. Die Bedeutung des Militärs für die Reformation“ in Potsdam. In Bayern sieht die Zahl der ranghöchsten Offiziere allerdings anders aus: 75 Prozent gehören der Römisch-katholischen Kirche an (27 Generäle).

In einem Beitrag „Religion und Politik“ hatte der Münsteraner systematische Theologe, Professor Dr. Hans-Peter Großhans, die weltweite Bedeutung der Reformation gewürdigt. Martin Luthers Theologie sei eine religiöse Auffassung des Politischen, das Evangelium eine Einladung an alle, die politische Verantwortung übernehmen oder tragen. Damit habe das lutherische Christentum ein positives Verständnis von Politik entwickelt. Zu der angekündigten Erhöhung der Verteidigungsausgaben in Deutschland argumentierte Großhans, der Militärdienst solle auch nach Luther mit bestmöglicher Technik und Mitteln ausgeführt werden. Nach Jahrzehnten der Kürzung von Budgets, sei es sinnvoll, die Mittel für die Bundeswehr wieder zu erhöhen.

Der Bischof für die Seelsorge in der Bundeswehr Dr. Sigurd Rink sagte zu der von etwa 100 Besuchern verfolgten Tagung, er sei froh, dass die Militärseelsorge sich an einer so einmaligen Tagung zur Bedeutung der Reformation beteiligen könne. Die Gewissensfrage Martin Luthers sei für Soldaten und Soldatinnen nicht erledigt, denn der Reformator habe christliche Freiheit und Schuldigwerden als menschliche Unausweislichkeit beschrieben. Luther habe an einem ganzen Leben vor Gott festgehalten. „So sieht das auch die Militärseelsorge“, äußerte Rink.

Militärpfarrer Dr. Klaus Beckmann (Mayen/Eifel) kritisierte in seinem Beitrag „Gehorsam als Soldatentugend?“ die mangelnde Fehlerkultur in den Streitkräften. „Es gibt eine Unkultur der Nichtmeldung von Problemen“, meinte der seit sechs Jahren als Seelsorger in der Bundeswehr tätige Geistliche. Als Beispiel nannte er immer wieder auftretende Ausstattungsmängel, nicht zuletzt in den Auslandseinsätzen. Die Bundeswehr brauche Soldaten, die ihr dienen, jedoch im kritischen Sinn. „Hier ist die Tugend der Treue gefordert“, sagte er und plädierte für eine „Gewissensgeleitete Kultur“ in der Truppe.

Während der Tagung ging es um Themen wie „Luthers Innovationen“, „Religion und Politik“, „Sicherung der Reformation durch Krieg“, „Preußische Herzenstreue“, „Gottesgehorsam und Widerstand“, „Soldat für den Frieden“ und „Soldatenglaube heute“. In einem Workshop kamen auch Nachwuchswissenschaftler zu Wort.

Hannover, 23. März 2017
Pressestelle der EKD