Rat der EKD: Mehr für Familien tun

10. Oktober 2002

Umfangreichere Betreuungsangebote für Kinder, ein gerechter Familienlastenausgleich sowie eine Alterssicherung, in der Erziehung und Pflege genauso anerkannt werden wie Erwerbsarbeit: dies sind die wesentlichen Forderungen einer aktuellen familienpolitischen Stellungnahme des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Der Rat tritt dabei für die Wahlfreiheit von Eltern zwischen Beruf und Kindererziehung ein. Er ermutigt Eltern, Kindererziehung biographisch einzuplanen, sieht aber ein ausreichendes Angebot an "familienunterstützenden Einrichtungen" als nötig an. Die Stellungnahme erscheint am 10. Oktober in der Reihe EKD-Texte als Nr. 73 unter dem Titel „Was Familien brauchen“.

„Die neue Legislaturperiode bietet wichtige neue Gelegenheiten für dringend notwendige Schritte in der Familienpolitik“, heißt es im Vorwort des Ratsvorsitzenden der EKD, Präses Manfred Kock. „Die mangelnde Vereinbarkeit von Familienarbeit und Erwerbsarbeit und die hohe finanzielle Belastung, der viele junge Familien unterworfen sind, führen dazu, dass die Zahl der Kinder in unserer Gesellschaft weiter zurückgeht.“

Kirche setzt sich für Familie ein

Die Kirche setze sich für Familie ein, denn „Ehe und Familie sind für den christlichen Glauben gute Gaben Gottes. Die evangelische Kirche sieht in ihnen die grundlegende und exemplarische Form menschlichen Zusammenlebens.“ Bei Problemen, die Eheschließung und Familiengründung behinderten, wolle sie unterstützen und helfen. Ein reales Problem sei die schlechte Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Viele junge Menschen wünschten sich eine feste Partnerschaft und eine Familie. Ebenso sei der Wunsch nach Berufstätigkeit und gleichberechtigter Rollenverteilung vorhanden, zitiert der Ratstext einschlägige Studien.

Wunsch und Wirklichkeit: Was Familien brauchen

Statistiken zeigten: Sinkende Geburtszahlen sind seit den 90er Jahre Realität. Je höher das Bildungsniveau der Frau, desto eher der Verzicht auf Kinder. Jede dritte Ehe wird heute geschieden, schätzungsweise bis zu 15 Prozent der Kinder aus Ehen sind davon betroffen. Die Anzahl Alleinlebender und Alleinerziehender nimmt zu.

„Die von vielen jungen Menschen gewünschte Balance zwischen Familie und Erwerbstätigkeit lässt sich im Familienalltag kaum realisieren. (...) Die Überwindung dieses die Zukunft unserer Gesellschaft bedrohenden Widerspruchs erfordert äußerste Anstrengungen.“ Vor allem bedürfe es einer gesellschaftlichen Aufwertung von Familientätigkeit.

Notwendig sei für eine familienfreundliche Infrastruktur die Förderung von Partnerschafts- und Eheberatung, von Erziehungs- und Familienberatung. Eine ausreichende Zahl von Ganztagsplätzen, auch für Kinder unter drei und über sechs Jahren, fördere nicht nur die Flexibilität im Familienalltag, sondern auch die Chancengleichheit. Familienorientierte Arbeitszeitkonzepte sowie soziale Netzwerke auf kommunaler und regionaler Ebene in Kooperation zwischen Unternehmen, Gemeinden und kirchlichen Institutionen müssten selbstverständlich werden.

„Familien mit Kindern tragen heute das größte Armutsrisiko und sind in hohem Maße von Überschuldung betroffen.“ Familien bräuchten daher mehr materielle Sicherheit. Die Kosten für Kinder müssten gerechter verteilt werden. Unabdingbar sei hier die Weiterentwicklung eines bedarfsgerechten Familienlastenausgleichs. „Auch nach den Erhöhungen des Kindergeldes wird eine Gleichbehandlung von Eltern unterschiedlicher Einkommenshöhe nicht erreicht.“

Familien müssten sozial abgesichert sein. Auch nach der aktuellen Rentenreform sei das
Alterssicherungssystem noch immer nicht neutral in Bezug auf die Arbeitsteilung, in Bezug auf die Wahl zwischen Familien- und Erwerbstätigkeit. Unverzichtbar sei daher die Weiterentwicklung „einer Altersicherung, die Erziehungs- wie Pflegezeiten und Erwerbsarbeitszeiten gleichermaßen berücksichtigt.“

Hannover, 9. Oktober 2002
Pressestelle der EKD
Anita Hartman

Text im Wortlaut