Petra Bahr als Kulturbeauftragte der EKD eingeführt

Das religiöse Gedächtnis als „sprudelnde Quelle für Zukünftiges“

Mit einem Gottesdienst in Hannover wurde am heutigen Montag, 16. Januar, die erste Kulturbeauftragte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Petra Bahr, in ihr Amt eingeführt. Die religiöse Frage habe sich entgegen den vielfach geäußerten Erwartungen nicht verflüchtigt, erklärte die promovierte Theologin in ihrer Predigt in der Herrenhäuser Kirche. „Sie hat sich mit Nachdruck zurückgemeldet in der Mitte unserer Kultur.“ Nun tue sich eine Grauzone „zwischen den Gottesvergessenen und den Gottesversessenen“ auf und es stelle sich die Frage, wer den Raum zwischen Neugier und Berührungsangst füllen könne.

Am Beispiel des Verses „Singt dem Herrn ein neues Lied“ aus dem 96. Psalm erläuterte Petra Bahr, wie sich im Christentum Kunst und Religion verbinden. Der christliche Glaube sei angewiesen auf die kulturellen Medien der Sinne, der Psalter sei die elementarste Form des Verhältnisses von Religion und Kultur: „Die Nähe Gottes soll dem Menschen durch das Innenohr unter die Haut kriechen, sie soll in seine Magengrube fahren, seine Hände feucht werden lassen und seine Einbildungskraft erhitzen.“

Gegenüber der Aufforderung, dem Herrn ein neues Lied zu singen, sei aber auch ein Vorbehalt angebracht, so die Kulturbeauftragte weiter. „Die Lust am Neuen ist uns nur allzu oft vergangen, gehört es doch zu den gefährlicheren Ideologien der Moderne, dass das Neue immer auch das Bessere ist.“ Allzu oft komme das Neue als verkleidete Vergesslichkeit daher. „An neue Formen aber kann streng genommen nur der sich wagen, der im Alten zuhause ist.“ Der lebendige Glaube brauche zum Neuen auch die Erinnerung. „Der Protestantismus gibt der Kultur ihr religiöses Gedächtnis nicht, damit sie eine ehrwürdige Vergangenheit konserviert. Das religiöse Gedächtnis will sprudelnde Quelle für Zukünftiges werden.“

Wer sich neuen Formen anvertraue, gehe zwangsläufig ein Risiko ein: „Er betritt ungesichertes Terrain und kann nicht nur mit Zustimmung rechnen.“ Petra Bahr zeigte sich aber überzeugt: „Doch unsere Welt braucht sie, die frechen Glaubenszeichen. Sie braucht waghalsige Gelingensbilder und aufrüttelnde Kompositionen der Zuversicht.“

Hannover, 16. Januar 2006

Pressestelle der EKD
Silke Fauzi

Hinweis: Das Kulturbüro der EKD hat seinen Sitz in der Auguststraße 80, 10117 Berlin. Die Kulturbeauftragte Dr. Petra Bahr erreichen Sie unter der Rufnummer 030-28395480.