„Teilhabechancen für alle Lebensalter“

Wolfgang Huber für flexible Verteilung der Lebensarbeitszeit

Für eine flexiblere Verteilung der Lebensarbeitszeit hat sich der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, ausgesprochen. Bei einem erhöhten Renteneintrittsalter sollte die Option bestehen, mit zunehmendem Alter weniger zu arbeiten als in anderen Lebensphasen, sagte der Ratsvorsitzende in einem Vortrag zu „Tätiges Leben – Teilhabechancen für alle Lebensalter“ am Mittwoch, 7. Juni, bei einem Symposion der Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Altenarbeit (EAfA) in Hannover. „Eine größere Flexibilität in der Verteilung der Lebensarbeitszeit ist auch eine familienpolitisch dringliche Veränderung. Sie kann zu einer Auflösung des ‚Lebensstaus’ beitragen, der vielen jungen Menschen die Entscheidung für Kinder erschwert.“

Huber rief dazu auf, das Alter als Segen wahrzunehmen. „Alter erscheint gegenwärtig vor allem als eine Art Problemzone.“ Demgegenüber erzähle das Alte Testament an zahlreichen Stellen von Menschen, die erst im hohen Alter einen Auftrag von Gott erhielten oder in besonderer Weise von Gott gesegnet wurden. „Es waren in biblischer Perspektive mit Alter gesegnete Menschen, die Neues wagen und etwas bewegen sollten.“ Heute führe ein „Kult der Jugendlichkeit“ zusammen mit der Angst vor zunehmender Alterung der Gesellschaft dazu, dass die Fähigkeiten und Kompetenzen Älterer nicht angemessen in den Blick treten.

Aus Sicht des christlichen Glaubens müsste die Perspektive „Beteiligung, nicht Ausschluss“ lauten. Gott gewähre allen Menschen in der Kraft des Heiligen Geistes Anteil an seiner Fülle. In Liebe und Arbeit bejahten die Menschen ihr geschöpfliches Dasein, erklärte Huber. Diese Grundformen des Lebens seien nicht auf bestimmte Lebensphasen eingegrenzt: „Das Ende der tätigen Bejahung des geschöpflichen Daseins wird nicht durch die Reichsversicherungsordnung bestimmt.“ Vielmehr sei ein tätiges Leben Menschenrecht und -pflicht zugleich.

Der Gesellschaft gehe vieles verloren, wenn sie vergesse, dass alte Menschen „Fähigkeiten und Erfahrungen haben, die für das Gemeinwesen unverzichtbar sind.“ Huber stellte pauschale Altersgrenzen für die Ausübung von Berufen oder die Mitarbeit in Gremien in Frage. „Diese sind in einer alternden Gesellschaft dringend zu überprüfen.“ Notwendig seien auch eine Veränderung des Verständnisses von Bildung im Alter und neue Gelegenheiten für das freiwillige Engagement der Älteren.

Hannover, 07. Juni 2006

Pressestelle der EKD
Silke Fauzi

Der Vortrag des EKD-Ratsvorsitzenden "Tätiges Leben – Teilhabechancen für alle Lebensalter" im Wortlaut