Mitgefühl als Schlüssel ethischer Bildung und Gewaltprävention

Rat zeichnet Elisabeth Naurath mit dem Hanna-Jursch-Preis aus

Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat in seiner Sitzung am heutigen Freitag, 7. Dezember, einstimmig beschlossen, an die Augsburger Theologin Elisabeth Naurath den Hanna-Jursch-Preis zu verleihen. Ausgezeichnet wird die Habilitationsschrift „Mit Gefühl gegen Gewalt. Mitgefühl als Schlüssel ethischer Bildung in der Religionspädagogik. Diese Arbeit sei ein innovativer Beitrag in der Debatte zur Überwindung der Gewalt mit großer praktischer Relevanz, hieß in es in einer ersten Begründung der Entscheidung. Der Hanna-Jursch-Preis wird alle zwei Jahre vom Rat der EKD zur Förderung herausragender wissenschaftlich-theologischer Arbeiten aus der Perspektive von Frauen vergeben.

In der Habilitationsschrift werde auf die vernachlässigte Dimension emotionaler Aspekte im Bereich ethischer Bildung verwiesen, erklärt Helga Kuhlmann, Professorin an der Universität Paderborn und Juryvorsitzende. Im Gegensatz zu den gängigen Begriffen Empathie, Mitleid oder ‚compassion’ gehe es beim Mitgefühl um ein Verständnis, das neben Betroffenheit auch Mitfreude und Mithoffen einschließe. Dabei werde ethisches Denken und Urteilen mit ethischem Fühlen und Handeln zusammengeführt: „ein notweniger Schritt zur ethischen Bildung“. Zum anderen intendiere der Fokus ‚Mitgefühl’ als ein für die Religionspädagogik weitgehend unentdeckter Terminus ein friedenspädagogisches Konzept, das den interdisziplinären Dialog zur Gewalt(präventions)forschung nicht nur aufgreife, sondern weiter führe. Die Gliederung dieser Studie spiegle dies in ihren drei aufeinander aufbauende Hauptteile: ‚Gewalt’, ‚Mitgefühl’ und ‚Mitgefühl als Schlüssel zur ethischen Bildung’.

Die Arbeit von Elisabeth Naurath entfalte den Begriff des Mitgefühls über die traditionelle Vorstellung von Nächstenliebe und Mitleid in der Theologie und in der Religionspädagogik hinaus, heißt es in der Begründung des Rates. Die Arbeit zeige, wie die Ergebnisse und Erkenntnisse geschlechtergerecht in kirchlichen Handlungsfeldern, etwa im Elementar- und Primär- oder auch in der Familienbildung, praktisch umgesetzt werden kann.

Elisabeth Naurath ist 42 Jahre alt und Mutter von drei Kindern. Sie arbeitete bisher als Wissenschaftliche Assistentin am Lehrstuhl für Evangelische Theologie mit Schwerpunkt Religionspädagogik und Didaktik des Religionsunterrichts der Universität Augsburg und unterrichtete evangelische Religionslehre in einer Grundschule. Gegenwärtig vertritt sie den Lehrstuhl für Praktische Theologie/ Religionspädagogik an der Universität Osnabrück.

Der nächste Hanna-Jursch-Preis für die Jahre 2008/2009 ausgeschrieben. Ein Schwerpunkt der fünften Ausschreibung werde im Themenbereich "Kirche in Zukunft. Exegetische Einsichten – ekklesiologische Entwürfe" liegen, kündigte die Jury an. Die Ausschreibung soll zu Beginn des kommenden Jahres veröffentlicht werden.

Benannt ist der mit 5.000 Euro dotierte Preis nach der 1902 geborenen Theologin Hanna Marie Margarete Jursch. Sie habilitierte sich 1934 als erste Theologin an einer deutschen Universität, durfte ihre Lehrtätigkeit allerdings nur in einem begrenzten Arbeitsgebiet und unter der Voraussetzung, dass dadurch "Stelle und Bezahlung für späteren männlichen Nachwuchs in keiner Weise versperrt werden durfte". Erst nach dem Krieg erhielt sie einen vollen Lehrauftrag an der Universität Jena. Hanna Jursch ist 1972 gestorben.

Hannover, 07. Dezember 2007

Pressestelle der EKD
Christof Vetter