Kock: Globalisierung ist kein Schicksal - Wirtschaft braucht Gestaltung

Vortrag des EKD-Ratsvorsitzenden zu Herausforderungen des Sozialstaates

Globalisierung braucht Gestaltung, so der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Manfred Kock, bei einem Vortrag zum Thema "Globalisierung als Herausforderung für den Sozialstaat" in Hamburg am Montag, den 19. Mai. Die Weltwirtschaft sei kein "schicksalhaft über die Welt hereinbrechendes Phänomen", sondern werde von Menschen gestaltet, sagte Kock in der St. Michaelis Hauptkirche. Es müsse darum gehen, die Gewinner globaler wirtschaftlicher Freiheit durch politische Regelungen dafür zu gewinnen, Beiträge zu ökologischer Nachhaltigkeit und mehr soziale Gerechtigkeit zu leisten.

Angesichts der globalisierten Weltwirtschaft, aber auch innerstaatlicher Faktoren wie der demographischen Entwicklung sei klar, dass sich auch das deutsche Sozialsystem verändern müsse, so Kock weiter. Es sei erforderlich, "den Sozialstaat grundlegend zu reformieren, um ihn erhalten zu können." Die Kirchen seien stets die Anwälte der Schwachen und Armen. Dennoch müsse man über Reformen reden: "Nach meinem Verständnis ergibt sich aus der evangelischen Ethik kein Satz, nach der jede Veränderung eines einmal erreichten Lebens- oder gar Transferstandards ethisch verwerflich ist."

Ob die Globalisierung katastrophale Folgen habe oder eine Chance für die Zukunft bedeute, sei keine Frage von Schicksal, sagte der Ratsvorsitzende. Obgleich es häufig den Anschein habe, als ginge der Lauf der Dinge "über uns alle hinweg, ohne dass ihre Brisanz sich ernsthaft beeinflussen ließe", gelte es, die Globalisierung ethisch verantwortlich zu gestalten. Aus diesem Grund engagierten sich die Kirchen in Deutschland auch in wirtschaftlichen Fragen. Es gäbe kaum einen andere gesellschaftliche Kraft, die "so aufmerksam, über so viele Jahre kritisch auf internationale Zusammenhänge und Entwicklungen" geachtet habe wie die Kirchen.

Zum globalen Bewusstsein gehöre auch "das Element der gegenseitigen Verantwortung", erklärte Kock. Bereits unmittelbar nach dem Zusammenbruch der staatlichen Wirtschaft in den kommunistischen Ländern und dem Fall der Mauer habe die EKD darauf hingewiesen, dass Wirtschaft kein verantwortungsfreier Raum sei. In der Wirtschaft übernähmen Menschen Verantwortung für andere Menschen und ihre Mitwelt, dies sei zugleich Verantwortung vor Gott. Kock verwies darauf: "Während die einen sagen: Ökonomie ist alles, denn ohne sie ist alles nichts, haben die Kirchen daran erinnert, dass Ökonomie eben nicht alles ist."

Hannover, den 16. Mai 2003

Pressestelle der EKD 
Silke Fauzi

Text im Wortlaut