Sudan braucht nachhaltigen Friedensprozess

Rat der EKD veröffentlicht Erklärung zur aktuellen Lage im Sudan

Der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat die Bundesregierung gebeten, sich für einen umfassenden Versöhnungs-, Friedens- und Demokratisierungsprozess im Sudan einzusetzen. Die Bundesregierung solle gegenüber den Vereinten Nationen, der Afrikanischen Union, der EU und den USA darauf dringen, dass eine gemeinsame politische Linie entwickelt und gegenüber den sudanesischen Parteien vertreten werde, heißt es in einer Erklärung des Rates zur aktuellen Lage im Sudan. In einen umfassenden Versöhnungsprozess müssten auch die Kirchen vor Ort und die zivilgesellschaftlichen Gruppen einbezogen werden. Militärische Maßnahmen seien kein geeignetes Mittel, um dauerhaften Frieden zu schaffen. Der Rat würdigt das Friedensengagement der Entwicklungsdienste und der sudanesischen Kirchen. Die Bildung des neuen „Sudan Council of Churches" im Mai 2007 sei ein wirksames und notwendiges Instrument der ökumenischen Zusammenarbeit mit dem Ziel, die Arbeit für Frieden und Versöhnung mit hoher Priorität zu verstärken.

Hannover, 11. Juli 2007

Pressestelle der EKD
Silke Römhild


Die Erklärung im Wortlaut:

Nötig ist ein nachhaltiger Prozess der Versöhnung und des Friedens

Erklärung des Rates der EKD zur aktuellen Lage im Sudan

Mit großer Sorge beobachtet der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) seit geraumer Zeit die Lage im Sudan. In einem Land mit reichen Ressourcen leben viele Menschen in bitterer Armut und leiden unter Unrecht und Friedlosigkeit. Kriege und Bürgerkriege quälen die Menschen seit Jahrzehnten. Hunderttausende Menschen haben ihr Leben verloren. Millionen sind geflohen und leben heimatlos und rechtlos unter schwierigsten Bedingungen.

Das vor über zwei Jahren geschlossene „umfassende Friedensabkommen“ (Comprehensive Peace Agreement CPA), das von großen Hoffnungen begleitet wurde und dem Süden des Landes Frieden und Gerechtigkeit bringen soll, wird nur zögerlich umgesetzt. Die kirchlichen Partner im Sudan weisen darauf hin, dass das Abkommen auch deshalb unzulänglich ist, weil es zwischen zwei Parteien geschlossen wurde (Zentralregierung im Norden und südsudanesische Befreiungsarmee), die keiner demokratischen Kontrolle unterliegen.

Die Weltöffentlichkeit und die internationale Politik konzentrieren ihre Aufmerksamkeit auf die Lage in Darfur im Westen des Landes, wo die Gewalt dramatisch eskaliert ist. Das Darfur Peace Agreement (DPA) war von Anfang an brüchig und konnte der Gewalt nicht wehren. In der Öffentlichkeit wird oft übersehen, dass die gesamte weitere Region und insbesondere der Tschad und die Zentralafrikanische Republik in eine ernste politische Krise verwickelt sind. Es ist verständlich, dass immer mehr Stimmen nach schnellen und drastischen Maßnahmen bis hin zu militärischen Interventionen rufen. Der Rat der EKD bezweifelt freilich, dass solche Maßnahmen die Gewalt tatsächlich beenden können. Einen nachhaltigen Frieden können sie nicht schaffen.

Die Evangelische Kirche in Deutschland ist seit langer Zeit insbesondere durch die Arbeit der Partner der Entwicklungswerke “Brot für die Welt“ und Evangelischer Entwicklungsdienst (EED) im Sudan engagiert. Über die Arbeit an vielen einzelnen Projekten der Existenzsicherung hinaus arbeiten die Entwicklungswerke mit den Partnern im Land an Perspektiven und Lösungen für einen umfassenden, wirksamen und nachhaltigen Friedensprozess, an dem alle gesellschaftlich relevanten Gruppen und Parteien beteiligt sind. Eine gemeinsame Linie und ein gemeinsames Handeln aller internen und externen Akteure sind nötig.

Der Rat der EKD würdigt die vielfältige Arbeit der Entwicklungsdienste und bittet sie weiter um intensive, vertrauensvolle und respektvolle Zusammenarbeit mit den Partnern im Sudan. Eine enge interne Abstimmung im Bereich der EKD und ihrer Dienste bleibt weiterhin unerlässlich.

Der Rat der EKD begrüßt

das Friedensengagement der sudanesischen Kirchen und zivilgesellschaftlichen Gruppen und ermutigt sie, gemeinsam mit ihren europäischen und nordamerikanischen Partnern darin nicht nachzulassen;
die Bildung des einen, neuen, gemeinsamen "Sudan Council of Churches" im Mai 2007 als eines wirksamen und notwendigen Instrumentes der ökumenischen Zusammenarbeit der christlichen Kirchen im Sudan mit dem Ziel, die Arbeit für Frieden und Versöhnung mit hoher Priorität zu verstärken;
die Anstrengungen der Kirchen weltweit, in ökumenischer Zusammenarbeit das Leiden der Menschen zu lindern und im Südsudan dringend erforderliche Aufbauarbeit zu leisten, und bittet sie, diesen Dienst fortzusetzen;
die Bereitschaft der Bundesregierung, sich für einen dauerhaften und tragfähigen Frieden im Sudan zu engagieren und den Beitrag der Bundesregierung zum Aufbau im Südsudan.

Der Rat der EKD bittet die Bundesregierung,

sich im Rahmen der EU mit Nachdruck dafür einzusetzen, dass die relevanten Parteien und zivilgesellschaftlichen Gruppen und die Kirchen im Sudan in einen umfassenden Versöhnungs-, Friedens- und Demokratisierungsprozess einbezogen werden;
gegenüber den Vereinten Nationen, der Afrikanischen Union, der EU und gegenüber den USA darauf zu dringen, dass eine gemeinsame politische Linie zur Förderung von Frieden und Demokratie im Sudan entwickelt und gegenüber den sudanesischen Parteien vertreten wird;
sich weiterhin an internationalen Maßnahmen zur Beobachtung und Begleitung eines umfassenden Friedens- und Demokratisierungsprozesses im Sudan zu beteiligen;
sich dafür zu verwenden, dass humanitäre Hilfe für die Flüchtlinge weiterhin effektiv geleistet und Aufbaumaßnahmen im Südsudan voran getrieben werden;
dafür Sorge zu tragen, dass militärische Maßnahmen nur durchgeführt werden mit dem Ziel, die Bevölkerung vor Übergriffen jedweder Partei zu schützen und einen eingeleiteten Verhandlungsprozess abzusichern.

Der Rat der EKD wird die Friedensarbeit der sudanesischen Kirchen über seinen Beauftragten für den Sudan, Herrn Landessuperintendent a.D. Dr. Dr. Gerrit Noltensmeier, intensiv begleiten und unterstützen. Er wird die weiteren Entwicklungen im Sudan verfolgen und die Anliegen und Bitten der Partner aufnehmen.

Der Rat der EKD dankt allen, die den schwierigen Weg der Verständigung, des Friedens und der Demokratie im Sudan gehen, und sagt ihnen auch weiterhin die volle Unterstützung der Evangelischen Kirche in Deutschland zu.

Der Rat der EKD ist  überzeugt, dass Gewalt nur noch mehr Gewalt hervorbringt und eine militärische Intervention keinen dauerhaften Frieden schaffen kann. Das Evangelium Jesu Christi ermutigt dazu, den mühsamen und doch zugleich allein verheißungsvollen Weg der Verständigung und der Versöhnung zu beschreiten. “Und der Gerechtigkeit Frucht wird Friede sein, und der Gerechtigkeit Nutzen wird ewige Stille und Sicherheit sein.” (Jes. 32,17).