Kock: Kampf gegen Einsatz von Kindersoldaten ist globale Herausforderung

Zwangsrekrutierung von Kindersoldaten kein regionales Problem

Ein konsequentes Einschreiten gegen den Missbrauch von mehr als 300.000 Kindern, die in bewaffneten Konflikten als Soldaten zum Töten gezwungen werden, forderte der EKD-Ratsvorsitzende Manfred Kock.

„Während in Deutschland die Schulkinder ihre Sommerferien genießen, müssen Gleichaltrige in anderen Teilen der Welt dem mörderischen Geschäft des Krieges nachgehen.“ sagte Kock angesichts zahlreicher Nachrichten und Bilder aus Liberia oder dem Kongo. Es sei bestürzend, wenn sogar zehnjährige Kinder unter Drogen gesetzt und als Kampfmaschinen zum Töten selbst gleichaltriger Spielkameraden abgerichtet würden. „Ein stärkerer Gegensatz zur Botschaft Jesu Christi, der die Kinder in besonderer Weise unter seinen Schutz und Segen stellt, ist kaum vorstellbar. Darum kann uns nicht egal sein, was aus den Kindern dieser Welt wird.“

Die Zwangsrekrutierung von Kindersoldaten dürfe nicht als regionales Problem bestimmter afrikanischer Staaten unterschätzt werden, sagt Kock. Kindersoldaten kämen in etwa 30 Staaten in vielen Teilen der Erde zum Einsatz. Sie seien nicht nur besonders leicht durch Kriegsherren manipulierbar, sondern auch besonders verletzlich. „Was sie erleiden und anderen antun, zerstört ihr eigenes Leben, selbst wenn sie bei Kampfhandlungen nicht getötet werden.“ Kock begrüßte, dass nach den Statuten des Internationalen Strafgerichtshofes die Einberufung, das Anwerben und der Einsatz von Kindersoldaten erstmals als Kriegsverbrechen eingestuft werden. Als weiteren wichtigen Schritt in die richtige Richtung bezeichnete Kock das Inkrafttreten des "Fakultativprotokolls zum UN-Kinderrechtsübereinkommen betreffend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten".

Bedauerlich sei, dass das hierin festgelegte Mindestalter von 18 Jahren nur für die zwangsweise Rekrutierung gelte und man sich auf ein entsprechendes Mindestalter für den freiwilligen Eintritt von Kindern in Streitkräfte bisher nicht habe einigen können. „Diese Unterscheidung“, so Kock, „ist weder pädagogisch noch psychologisch nachvollziehbar.“ Überdies empfinde er die Diskussion um Abgrenzung zwischen freiwilliger und erzwungener Rekrutierung von Kindern „gespenstisch“. Um der Würde und der Zukunft der Kinder willen sei die verbindliche Festlegung eines einheitlichen Mindestalters geboten, betonte Kock.

Kock begrüßte die Schritte, die die Bundesregierung zur noch ausstehenden Ratifizierung des Protokolls eingeleitet habe. Freilich habe das Kabinett in seinem am 25. Juni verabschiedeten Gesetzentwurf den freiwilligen Eintritt in die Bundeswehr bereits ab 17 Jahren ermöglicht. Im Zusammenhang mit dieser Entscheidung habe man die Gelegenheit ungenutzt gelassen, in der Frage des Mindesteintrittrittsalters eine Vorbildrolle auch für andere Staaten zu übernehmen. Im Blick auf den Aufbau einer schnellen EU-Eingreiftruppe für Krisenregionen sei unumgänglich, eine Einheitlichkeit bei den Regelungen der europäischen Staaten untereinander anzustreben. Zur Zeit kämpften in den Armeen einiger europäischer Staaten Soldaten unter 18 Jahren, während in anderen eine strenge Regelung ab dieser Altersgrenze gelte.

Weitere Schritte seien dringend erforderlich, sagte Kock, etwa hinsichtlich einer effektiven Kontrolle des internationalen Handels mit Kleinwaffen. „Erst die Verfügbarkeit von modernen Kleinwaffen ermöglicht ja den Einsatz von Kindern als effizienten Killern.“ Als wichtiges Ziel der Entwicklungsarbeit nannte Kock besondere Bildungs- und Ausbildungsangebote für Kinder, die sich Zwangsrekrutierungen entziehen wollen. Ihnen müsse man Schutz vor Nachstellungen und konkrete Hilfestellung zur Verbesserung ihrer Lebensperspektiven gewähren, sowie Unterstützung bei der Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Wo dies nicht greife, müssten sichere Fluchtorte geschaffen werden. Nach dem derzeit geltenden deutschem Asylrecht verhelfe allenfalls die Zwangsrekrutierung durch staatliche Organe zu einem Flüchtlingsstatus in der Bundesrepublik. Da ein Großteil der Kindersoldaten aber durch nichtstaatliche Kampftruppen wie Guerilla- und Befreiungsbewegungen rekrutiert werde, sagte Kock: "Dies ist ein weiteres Beispiel, bei dem nichtstaatliche Verfolgung der staatlichen Verfolgung gleichgestellt werden muss."

Manfred Kock dankte ausdrücklich allen Nichtregierungsorganisationen, die sich für die Ächtung der Zwangsrekrutierung von Kindern einsetzen, wie etwa auch der „Deutschen Koordination Kindersoldaten“.

Hannover, 28. Juli 2003

Pressestelle der EKD
Christof Vetter