Impulse für Dritte Europäische Ökumenische Versammlung

Tagung in Loccum endet mit Botschaft an die Kirchen und Gemeinden

Zur Vorbereitung der Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung (EÖV3), die im September 2007 im rumänischen Sibiu/Hermannstadt stattfindet, haben sich vom 4. bis 6. Dezember 150 Vertreterinnen und Vertreter deutscher und europäischer Kirchen in Loccum getroffen. Bei der von der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) veranstalteten Tagung haben die Teilnehmenden Impulse für die Delegierten der EÖV3 erarbeitet, die in einer „Botschaft“ veröffentlicht wurden. Darin werden die Delegierten unter anderem aufgefordert, sich für eine solidarische Ökonomie, für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung einzusetzen.

In den Handlungsempfehlungen verweisen die Tagungsteilnehmenden auf die im Jahr 2001 verabschiedete Charta Oecumenica, die „zu wachsender ökumenischer Gemeinschaft an vielen Orten und europaweit“ geführt habe. Die Ziele der Charta, wie die Selbstverpflichtung zur sichtbaren Einheit der Kirche, die wechselseitige Wertschätzung unterschiedlicher Formen geistlichen Lebens in den Kirchen und Gemeinden, die Aussagen zum gemeinsamen Glaubenszeugnis und zur Mission wie auch zum friedlichen Zusammenleben der verschiedenen Nationen und Religionen sollten weiterentwickelt und umgesetzt werden. Den Kirchen und Gemeinden wird unter anderem empfohlen, sich für die Realisierung der Millenniumsziele der UN einzusetzen und in diesem Zusammenhang „die eingegangenen Verpflichtungen der Staaten einzufordern.“ Außerdem sollten sie den Prozess zur Ausweitung ethischer Geldanlagen vorantreiben. Als eine der größten Herausforderungen wird der Klimawandel bezeichnet. Die Kirchen und Gemeinden sollten sich auf „verbindliche Ziele zur Verringerung des CO2-Ausstoßes“ verpflichten, dies bedeute „die Einführung eines kirchlichen Umwelt-Managements“.

Die Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) und der Rat der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) als Veranstalter der EÖV3 werden gebeten, diese Botschaft auch bei der Vorbereitungstagung in Wittenberg im Februar 2007 aufzunehmen. Die Teilnehmenden an der Loccumer Tagung bitten „die Kirchen in Deutschland, Gemeinden, ökumenische Basisgruppen und Netze, Arbeitsgemeinschaften Christlicher Kirchen auf regionaler und lokaler Ebene, diese Botschaft zu diskutieren, in konkrete Schritte umzusetzen und mit Partnerinnen und Partnern in anderen europäischen Ländern weiter zu verfolgen.“

Colin Williams, Generalsekretär der KEK, nahm für die Veranstalter der EÖV3 teil und diskutierte mit den Teilnehmenden die Überlegungen für den weiteren Prozess. Er zeigte sich beeindruckt vom kreativen Engagement der Netzwerke und Kirchen und bezeichnete die Versammlung in Loccum als wichtigen Schritt auf dem Weg nach Hermannstadt/Sibiu.’

Die Dritte Europäische Ökumenische Versammlung findet vom 4. bis 8. September 2007 unter dem Motto „Das Licht Christi scheint auf alle“ im rumänischen Sibiu/Hermannstadt statt. 2.500 Delegierte und Gäste aus den verschiedenen Kirchen und Konfessionen Europas werden zusammen ihren Beitrag zur Einheit und Entwicklung Europas deutlich machen. Die Vorbereitung auf Sibiu/Hermannstadt ist als ökumenischer „Pilgerweg“ gestaltet. Er führt mit Veranstaltungen in Rom im Januar 2006 über Begegnungen auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene nach Wittenberg (Februar 2007) und endet im September 2007 mit der Versammlung in Sibiu/Hermannstadt. Die EÖV3 setzt die Tradition der beiden bisherigen Europäischen Ökumenischen Versammlungen in Basel (1989) und in Graz (1997) fort.

Hannover, 06. Dezember 2006

Pressestelle der EKD
Silke Fauzi

Nachfolgend der Wortlaut der Erklärung. Weitere Informationen zur EÖV3.


Die Botschaft von Loccum im Wortlaut:

Auf dem Weg der Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung

Impulse für die Delegierten in Sibiu/Hermannstadt, Gemeinden und ökumenischen Gruppen in Deutschland

Loccum, 06. Dezember 2006

Auf der bundesweiten ökumenischen Tagung der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) zur Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung haben sich in der Evangelischen Akademie Loccum vom 4. bis 6. Dezember 2006 insgesamt 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Deutschland und Gäste aus Europa getroffen. Ihr Treffen stand unter der Zusage des Themas der Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung: Das Licht Christi scheint auf alle. Hoffnung auf Erneuerung und Einheit in Europa.

Die Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) und der Rat der Europäischen Bischofskonferenzen (CCEE) haben die Kirchen in Europa aufgerufen, die Dritte Europäische Ökumenische Versammlung als Pilgerweg zu gestalten. Diesem Aufruf sind in Deutschland alle Kirchen gefolgt, die in der ACK ökumenisch verbunden sind. Grundlage der Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung ist die Charta Oecumenica. Ihr haben sich die Kirchen der ACK verpflichtet.

Dankbar blicken die Versammelten auf den gemeinsamen Weg der Kirchen in Europa zurück:

von der Aufnahme des in Vancouver (1983) beschlossenen „Konziliaren Prozesses“ für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung, der in Deutschland auch in der politischen Wende 1989 wirksam wurde und weiter geführt wird,

über die Erste Europäische Ökumenischen Versammlung in Basel (1989),

hin zum Ruf zur Versöhnung auf der Zweiten Europäischen Ökumenischen Versammlung in Graz (1997),

bis zur Charta Oecumenica (2001), die zu wachsender ökumenischer Gemeinschaft an vielen Orten und europaweit geführt hat.

Die Versammelten in Loccum haben auf Stimmen aus katholischer, reformatorischer (landeskirchlicher und freikirchlicher) und orthodoxer Tradition gehört, wie sie auch in den Stationen der Europäischen Ökumenischen Versammlung sichtbar werden (Rom Januar 2006, Wittenberg, Februar 2007, Sibiu/Hermannstadt September 2007). Aus dem europäischen Vorbereitungsprozess von KEK und CCEE berichtete im Namen beider Organisationen der Generalsekretär der KEK Colin Williams.

In Andachten unterschiedlicher Traditionen feierten sie Christus, das Licht der Welt. In Vorträgen fragten sie nach der Bedeutung des Evangeliums angesichts der Säkularisierung in Europa. In Arbeitsgruppen zu den neun Forenthemen und Diskussionen haben sich Delegierte für die Versammlung in Sibiu/Hermannstadt und Nicht-Delegierte, Vertreterinnen und Vertreter aus Kirchenleitungen, Basisgruppen, ökumenischen Gemeinschaften, Gemeinden und Verbänden auf Themen und Handlungsempfehlungen verständigt.

Sie bitten KEK und CCEE, diese Botschaft bei der Tagung in Wittenberg (Februar 2007) aufzunehmen. Sie bitten die Delegierten aus Deutschland, die ihre Kirchen in Sibiu/Hermannstadt vertreten werden, die Anliegen dieser Botschaft einzubringen. Vor allem bitten sie die Kirchen in Deutschland, Gemeinden, ökumenische Basisgruppen und Netze, Arbeitsgemeinschaften Christlicher Kirchen auf regionaler und lokaler Ebene, diese Botschaft zu diskutieren, in konkrete Schritte umzusetzen und mit Partnerinnen und Partnern in anderen europäischen Ländern weiter zu verfolgen.

Das Licht Christi und die Kirche

1. Forum: Dialog, Einheit

Als Kirchen wollen wir Zeichen des Reiches Gottes in der Welt sein.

Handlungsempfehlung:

Wir bitten Kirchen und Gemeinden, auf die sichtbare Einheit der Kirche Jesu Christi hinzuwirken, indem sie

den einen Glauben, wie er im Ökumenischen Glaubensbekenntnis von 381 zum Ausdruck kommt, in den Kirchen liturgisch beheimaten,

die gegenseitige Anerkennung der Taufe durch offizielle Vereinbarungen zwischen den Kirchen anstreben und bestätigen,

auf dem Weg zur vollen eucharistischen Gemeinschaft geeignete Zwischenschritte gehen,

nach Wegen zur Überwindung der unsere Kirchen trennenden Fragen des Amtes und Kirchenverständnisses suchen.

Wir bitten die Mitgliedskirchen von KEK und den CCEE dringend, sich die in der Charta Oecumenica eingegangene Selbstverpflichtung zur sichtbaren Einheit der Kirche (Leitlinie 1) zu eigen zu machen und umzusetzen. Menschen brauchen eindeutige Zeichen. Europa und die Welt erwarten eine Stimme von den Kirchen.

2. Forum: Spiritualität, Gemeinsam Beten

Wir bringen in vielfältigen Formen und gemeinsam vor Gott, was uns in Europa bewegt.

Handlungsempfehlung:

Wir bitten Kirchen und Gemeinden,

neben Lobpreis und Dank gemeinsam vor Gott zu bringen, was sie an Zerstörungen und Bedrängnissen in Europa und der Welt bewegt,

verstärkt darauf hinzuwirken, dass die unterschiedlichen Formen geistlichen Lebens und Gottesdienstes als Kraftquelle des Glaubens wechselseitig kennen gelernt und wertgeschätzt werden (Charta Oecumenica Leitlinie 5),

sich dafür einzusetzen, dass die traditionsübergreifenden Grundlagen christlichen Betens entdeckt werden und sie auf dieser Basis zu gemeinsamen Andachtsformen und gottesdienstlichen Feiern finden,

sich dabei von der Bibel, der Botschaft von Kreuz und Auferstehung und dem Zeugnis von Jesus Christus als dem Licht leiten zu lassen.

3. Forum: Gemeinsames Zeugnis, Mission

Die gemeinsame Weitergabe des einen Glaubens an den Dreieinigen Gott soll Menschen befähigen, als Christinnen und Christen zu leben, das Evangelium zu bezeugen und sich für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung einzusetzen.

Handlungsempfehlung:

Wir bitten Kirchen und Gemeinden,

die Leitlinie 2 der Charta Oecumenica so fortzuschreiben, dass selbstverpflichtende Formulierungen gefunden werden, die Inhalt und Form der gemeinsamen Mission der Kirchen positiv beschreiben,

die Einheit von Glauben und Handeln, von Verkündigung und sozialethischem Engagement öffentlich zu betonen,

statt gegenseitiger Abgrenzung die Bedeutung gemeinsamer Mission als glaubwürdiges Bezeugen der Einheit zu unterstreichen.

Das Licht Christi und Europa

4. Forum: Beitrag der Kirchen zum Aufbau für Europa, Zukunft Europas

Die Kirchen sollen aktiv zur Entwicklung der Zivilgesellschaft in Europa beitragen.

Handlungsempfehlung:

Wir bitten Kirchen und Gemeinden, als aktive Mitgestalterinnen der Zivilgesellschaft

in Gemeinschaft mit allen europäischen Kirchen,

in einer die Unterschiedlichkeiten der Erfahrungen und Kontexte respektierenden Haltung,

in einem achtsamen Dialog,

ihren Beitrag zu leisten für ein gerechtes und solidarisches Europa (z.B. Intensivierung des Jugendaustausches, Verstärkung des Ost-West Dialogs, Arbeit an einem gemeinsamen Werteverständnis und einem verbindenden Gedächtnis als Grundlage der Identität Europas),

wahrzunehmen, dass mit der Wahl des Ortes für die EÖV3 in der Mitte Europas und am Rande der EU diese Herausforderung und Selbstverpflichtung verbunden ist.

5. Forum: Religionen

Religionsfreiheit in einem demokratisch verfassten, säkularen Staat ist für Christinnen und Christen heute eine wesentliche Voraussetzung für das friedliche Miteinander der Religionen und Kulturen.

Handlungsempfehlung:

Wir bitten Kirchen und Gemeinden,

das Gespräch mit Menschen anderer Religionen als Bürgerinnen und Bürger Europas und als Glaubende zu suchen;

im Sinne der Charta Oecumenica (Leitlinien 10 und 11)

allen Formen des Antisemitismus und Antijudaismus in Kirche und Gesellschaft entgegenzutreten,

auf allen Ebenen den Dialog mit unseren jüdischen Geschwistern zu suchen und zu intensivieren und ihn dabei vom „Missionsauftrag an alle Völker“ zu unterscheiden,

den Muslimen mit Wertschätzung zu begegnen und bei gemeinsamen Anliegen mit ihnen zusammenzuarbeiten,

für das Gespräch mit allen Menschen guten Willens offen zu sein, gemeinsame Anliegen mit ihnen zu verfolgen und ihnen den christlichen Glauben zu bezeugen,

6. Forum: Versöhnung und Migration

Gelingende Versöhnungs- und Migrationsprozesse basieren auf gegenseitigem Respekt, leben von persönlichen Begegnungen und zielen auf die gemeinsame Verständigung über Grundwerte.

Handlungsempfehlung:

Wir bitten Kirchen und Gemeinden, die Charta Oecumenica Leitlinie 8 „Völker und Kulturen versöhnen“ fortzuschreiben:

CCEE und KEK dabei zu unterstützen, bestehende Prozesse der Versöhnung fortzuführen und neue zu initiieren,

in angstfreie Räume der Begegnung einzuladen, trennende Erfahrungen und Erinnerungen aufzuarbeiten und in gegenseitiger Lernbereitschaft ein versöhntes Miteinander zu leben,

die Verbesserung der Lebensbedingungen in den Herkunftsländern der Migrantinnen und Migranten durch partnerschaftliche Projekte und politische Intervention zu unterstützen,

sich vorurteilsfrei über das Phänomen Migration, seine Ursachen und Auswirkungen zu informieren, sich auf Begegnungen mit Migrantinnen und Migranten einzulassen und für die Wahrung ihrer Rechte einzutreten (z. B. Raum für Identitätspflege),

allen rechtsradikalen Aktivitäten gegen die Migrantinnen und Migranten entgegenzutreten.

Das Licht Christi und die Welt

7. Forum: Frieden

Um das in der Charta Oecumenica benannte Ziel einer „Friedensordnung auf der Grundlage gewaltfreier Konfliktlösungen“ zu erreichen, sehen wir die Notwendigkeit, das in der europäischen Sicherheitsstrategie verwendete Verständnis von Sicherheit kritisch zu befragen.

Handlungsempfehlung:

Wir empfehlen den Kirchen und Gemeinden,

die ökumenische Reflexion darüber, welches Verständnis von menschlicher Sicherheit und Verletzbarkeit aus dem Glauben an Jesus Christus erwächst, zu vertiefen und in die öffentliche Debatte einzubringen,

sich bei der Europäischen Kommission für den Aufbau und die Institutionalisierung eines effektiven Instruments zur Koordinierung ziviler Mittel der Konfliktbearbeitung einzusetzen und Schritte zur Kernwaffenabrüstung einzuleiten,

sich für die Stärkung internationaler Institutionen einzusetzen, die dazu beitragen, Krisen vorzubeugen und in Konflikten zu vermitteln,

der europäischen Sicherheitsstrategie in Bezug auf Bestrebungen zur Absicherung politischer Einflussbereiche entgegen zu treten,

es als ihre Aufgabe anzusehen, einen Beitrag zu langfristigen Friedensprozessen im Sinne von Armutsbekämpfung, sozialer Entwicklung und Bewahrung der Schöpfung zu leisten.

8. Forum: Gerechtigkeit

Wir plädieren für eine Solidarische Ökonomie, die dem Leben dient.

Handlungsempfehlung:

Wir empfehlen den Kirchen und Gemeinden,

die Forderung nach einer gerechten Wirtschaftsordnung mit einer dem Konziliaren Prozess entsprechenden Spiritualität zu verbinden

den Zusammenhang der ökonomischen Entwicklungen in Europa mit der globalisierten Entwicklung zu untersuchen und bekannt zu machen,

Netzwerke zu unterstützen und zu bilden, die Steuergerechtigkeit, Transparenz ökonomischer Beziehungen und die Durchsetzung politischer Regeln für gerechteres ökonomisches Handeln fördern,

sich für die Realisierung der Millenniumsziele der UN einzusetzen und die eingegangenen Verpflichtungen der Staaten einzufordern,

den Prozess zur Ausweitung ethischer Geldanlagen voranzutreiben und sich auf diesen Prozess zu verpflichten.

9. Forum Bewahrung der Schöpfung

Der Klimawandel stellt eine der größten Herausforderungen für die Menschheit und für das Handeln der Kirche dar – lokal, global und in den Kirchen selbst.

Handlungsempfehlung:

Wir empfehlen den Kirchen und Gemeinden,

sich auf verbindliche Ziele für die Verringerung des CO2-Ausstoßes zu verpflichten; dies bedeutet die Einführung eines kirchlichen Umwelt-Managements;

in Kooperation mit anderen gesellschaftlichen Akteuren auf allen Ebenen in einer Klima-Allianz für eine wirkungsvolle Klimaschutzpolitik einzutreten,

die Europäische Union darauf zu drängen, eine Vorreiterrolle im Klimaschutz zu übernehmen,

wegen ihrer besonderen Risiken die Atomenergie im Zusammenhang mit dem Klimaschutz abzulehnen,

die Schöpfung liturgisch zu feiern.