EKD warnt vor Relativierung des Folterverbotes

Auslandsbischof Rolf Koppe: Menschenwürdige Behandlung von Straftätern ist unverzichtbare Grundlage eines Rechtstaates

Das Folterverbot darf auch im Umgang mit Straftätern oder Terroristen nicht aufgeweicht werden. Das erklärte der Auslandsbischof der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Rolf Koppe, angesichts jüngster Umfrageergebnisse, in denen sich eine Mehrheit der Befragten für die Möglichkeit der Gewaltandrohung zur Lebensrettung eines entführten Kindes ausgesprochen hatte. "Mit dem Einsatz von Gewalt oder Gewaltandrohung zur Aussageerpressung wird die Menschenwürde der Betroffenen missachtet", warnte Koppe.
 
Es bestehe zu wenig Bewusstsein über die Folgen und Risiken, die mit einer Relativierung des Folterverbotes verbunden seien. "Offenbar wird die Funktion des Folterverbotes als Schutz aller Bürger gegen willkürliche polizeiliche Gewalt unzureichend wahrgenommen", so Koppe. Historische Erfahrungen und die großen Schwierigkeiten anderer Länder bei der Bekämpfung von Folter zeigten aber, dass nur die absolute Geltung des Folterverbotes seinen Missbrauch verhindern könne.

Die EKD habe sich wiederholt gegen die Anwendung von Folter eingesetzt. Aufgrund der schwerwiegenden traumatischen Auswirkungen, die bereits die Androhung von Gewalt haben könne, dürfe es auch "ein bisschen Folter" nicht geben. Rechtsstaatlichkeit und Sicherheit würden dort ihr Ende finden, wo sich ein Staat selbst menschenverachtender Methoden bediene. Das müsse auch im Umgang mit Straftätern und Terroristen berücksichtigt werden, so schwierig es auch sei, mit der in Einzelfällen unweigerlichen Hilflosigkeit umzugehen. Daher sei es dringlich, die absolute Geltung des Folterverbotes, die sowohl im Verfassungsrecht als auch im Völkerrecht verankert sei, auch im Kontext zunehmender Sicherheitsbedenken zu bekräftigen. "Hierzu würde die überfällige Ratifikation des Zusatzprotokolls der Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen einen wichtigen Beitrag leisten", sagte Koppe.

Hintergrund der Befragung durch das Institut für Demoskopie in Allensbach war die Entführung und Ermordung des elf Jahre alten Jakob von Metzler im September 2002. Der inzwischen angeklagte stellvertretende Frankfurter Polizeipräsident Wolfgang Daschner hatte dem Entführer, ohne zu wissen, dass der Entführte zu diesem Zeitpunkt bereits tot war, Schmerzen androhen lassen, um den Aufenthaltsort des Jungen zu erfahren. Laut Umfrageergebnis waren nur 19 Prozent der Deutschen der Auffassung, dass die Polizei in solchen Fällen "auf keinen Fall" Gewalt androhen dürfe. Die Androhung von Gewalt als Methode der Strafermittlung und Beweiserhebung ist nach nationalem und internationalem Recht verboten.

Hannover, 24. März 2004
Pressestelle der EKD     
Silke Fauzi