Gemeinsame Hoffnung auf Europa

Treffen französischer und deutscher Kirchen

Eine gemeinsame Hoffnung auf Europa und ihre je unterschiedliche Situation als Kirche in der Gesellschaft haben von 12. bis 14. April Delegationen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und des Französischen Protestantischen Kirchenbunds (FPF) in Berlin beraten. Das Treffen habe zu dem Zeitpunkt stattgefunden, in dem Europa des Endes des zweiten Weltkrieges gedenkt, erinnert Oberkirchenrätin Antje Heider-Rottwilm, die für Europafragen im Kirchenamt der EKD zuständig ist. Wenige Tage nach dem 9. April, an dem vor 60 Jahren Dietrich Bonhoeffer hingerichtet wurde, haben sich die Vertreter der evangelischen Kirchen in Deutschland und Frankreich daran erinnert, dass er als Zeuge für das Engagement der Christen für ein versöhntes und demokratisches Europa stehe. In der abschließenden Erklärung der Konsultation heißt es wörtlich:

„Die Anwesenheit von Bischof Wolfgang Huber, dem Vorsitzenden des Rates der EKD, Pastor Jean-Arnold de Clermont, dem Präsidenten der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) und der FPF, sowie Präsident Wilhelm Hüffmeier, dem Generalsekretär der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE), ermöglichte, in der Diskussion einen Schwerpunkt auf den Beitrag der Kirchen für den Aufbau Europas zu setzen. Besondere Aufmerksamkeit widmeten die Delegationen dabei der Darstellung des Projektes "Heilung der Erinnerung" in Rumänien durch Präsident Hüffmeier, das die KEK und die GEKE gemeinsam im Vorfeld der 3. Europäische Versammlung im September 2007 in Sibiu/Rumänien durchführen.

Im Gespräch unterstrich Bischof Huber, dass die Kirchen mit ihrem Verständnis von Einheit, die den Respekt vor der Vielfalt umfasst, zum Aufbau Europas beigetragen haben. Er betonte die Wichtigkeit gemeinsamer Werte und die Notwendigkeit rechtliche Strukturen weiter zu entwickeln, die die Umsetzung dieser verfassungsrelevanten Werte im Prozess der Vereinigung Europas ermöglichen. Die Delegationen teilten die Sorge über eine mögliche Zurückweisung der europäischen Verfassung als Resultat eines Volksentscheids in Frankreich. Sie erinnerten an die hohe Bedeutung, die ihrer Meinung nach diesem Text zukommt.

So sehen sie in der Verfassung zunächst einen Aufruf, die nationalen Egoismen zu überwinden. Mit den in der KEK zusammengeschlossenen Kirchen unterstreichen die Vertreter aus Frankreich und Deutschland, wie sehr in dem Verfassungsvertrag der Aufbau Europas um gemeinsame Werte herum geschieht, wie der Achtung der Menschenwürde, der Förderung des Friedens und der Gerechtigkeit, der Verantwortung und der Solidarität gegenüber der Welt. Alles dies erfolge in der Weiterführung der von den Gründern der europäischen Einigung vorgezeichneten Perspektiven.

Die Teilnehmenden lehnen die Dominanz der Gesetze des Marktes ab. Demzufolge sehen sie in der Verfassung einen notwendigen Kompromiss und eine weitere Phase beim Aufbau eines mehr und mehr solidarischen Europas, wie es von den Beitrittsländern erwartet wird. Sie verstehen nicht, dass dieser Prozess heute von jenen blockiert wird, die bisher von ihm profitiert haben.

Die Delegationen erinnerten an den Weg, der seit den zwei Weltkriegen, die Europa ausgeblutet und zerstört hinterließen, gegangen wurde. Sie hoffen, dass diese neue Phase des Aufbaus Europas geprägt von Hoffnung und Vertrauen geschieht.

Die Teilnehmenden haben sich mit dem Verhältnis von Kirche und Staat gemäß dem deutschen Grundgesetz und sowie dem französischen Gesetz über die Trennung von Staat und Kirche von 1905 befasst. Die unterschiedlichen Situationen wurden analysiert. Der Präsident der FPF, Jean-Arnold de Clermont, versicherte, dass die 'Laïcité' nicht als Ausschluss des Religiösen aus der Öffentlichkeit verstanden werden sollte, wohl aber als ein bestimmtes Modell der geregelten Beziehungen zwischen den Religionen und dem Staat. Die unterschiedlichen Konstellationen in der Beziehung Staat-Kirche seien in der jeweiligen Geschichte begründet.

Die Delegationen informierten sich gegenseitig über die laufenden Debatten in beiden Ländern zum Religionsunterricht an öffentlichen Schulen. Es wurde deutlich, dass die Ausgangssituation für jede Seite sehr unterschiedlich ist. In Frankreich würde die Errichtung eines nichtkonfessionellen religionskundlichen Unterrichtes einen Fortschritt darstellen, demgegenüber wäre dies in Deutschland ein Rückschritt gegenüber dem im Grundgesetz den Konfessionen und Religionen garantierten Status des Religionsunterrichts als Pflichtfach innerhalb des Lehrplans der öffentlichen Schulen.“

Liste der Teilnehmenden:

Jean-Arnold de Clermont, Präsident der FPF
Isabeau Beigbeder, Vizepräsidentin der FPF
Pastor Etienne Lhermenault, Generalsekretär der Vereinigung der Ev. Baptisten Frankreichs
Pfrin Marie-France Robert, Inspecteur ecclésiastique der Ev.-Luth. Kirche Frankreichs
Bischof Dr. Wolfgang Huber, Ratsvorsitzender der EKD ( 13.4.)
Dr. Martin Affolderbach, Ref. für Islam/Weltreligionen, Länder des Nahen und Mittleren Ostens (13.4.) im Kirchenamt der EKD
OKR i.R. Dr. Joachim Gaertner (14.4.)
OKR David Gill, Stellvertreter des Bevollmächtigten des Rates der EKD bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union (14.4)
OKR'in Antje Heider-Rottwilm, Leiterin der Europa-Abteilung im Kirchenamt der EKD
Prof. Dr. Wilhelm Hüffmeier, Präsident der Kirchenkanzlei der UEK und Generalsekretär der GEKE (13.4.)
Jelena Jablanov Maksimovic, Praktikantin, Konrad-Adenauer-Stiftung Belgrad /Serbische- Orthodoxe Kirche
OKR Matthias Kaiser, Referent West- und Nordeuropa im Kirchenamt der EKD
Dr. Hermann Schaefer, Generalsekretär des Reformierten Bundes in  Deutschland (13.4.)
Pastor Dr. Klaus Peter Voß, Ökumenische Centrale ,Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK)

Hannover / Berlin, 18. April 2005

Pressestelle der EKD
Christof Vetter