Schindehütte: „Aufarbeitung fortführen und intensivieren“

EKD-Auslandsbischof zum Völkermord an den Armeniern 1915/16

Anlässlich des Gedenkens an den Völkermord an den Armeniern am heutigen Sonnabend vor 95 Jahren rief der Auslandsbischof der EKD, Martin Schindehütte, Armenier und Türken auf, die Bemühungen um eine Aufarbeitung fortzuführen und zu intensivieren. Die heftigen Reaktionen der Türkischen Republik gegen jeden, der den Völkermord anerkenne, seien ebenso wenig hilfreich wie der jüngste Beschluss des armenischen Staates, den aufgenommenen Versöhnungsprozess mit der Türkei einseitig für beendet zu erklären.

„Das Interesse der armenischen Nation, dass die Massaker an Hunderttausenden von 1915/16 anerkannt und verurteilt werden – auch durch die Türkei -, ist berechtigt. Dabei hat die Türkei ein Anrecht darauf, dass die damaligen Geschehnisse sachlich und fair untersucht und differenziert beurteilt und dargestellt werden.“, betonte der für die die Ökumene und Auslandsarbeit zuständige Bischof. „Der Blick zurück auf solche Geschehnisse ist nie leicht und dennoch notwendig, um Versöhnung und Vergebung zu erreichen und eine gemeinsame Zukunft zu eröffnen.“

Schindehütte wies darauf hin, dass gerade die Deutschen wissen, welch eine Herausforderung eine solche Aufarbeitung ungeheuerlicher Verbrechen bedeute. Die deutsche Seite könne sich in dieser Angelegenheit zu Wort melden, nicht weil sie besser oder fehlerlos dastehe, aber weil die Deutschen bereits diesen Weg der Vergangenheitsbewältigung beschritten haben. „Wir Deutschen haben erfahren, dass trotz aller Ängste, Risiken und Schmerzen, die ein solcher Prozess mit sich bringt, am Ende fruchtbare, lebendige und vertrauensvolle Kontakte, ja Freundschaft stehen können, die die Anstrengung lohnen.“, betonte Schindehütte. Als Kirche trete man insbesondere dafür ein, dass die Wahrheit zum Zuge kommen könne, Schuld ausgesprochen und Vergebung möglich werde.

Deutschland sei aber auch selbst an dem Aufarbeitungsprozess beteiligt, da das Deutsche Reich eine Mitverantwortung an dem Völkermord trug, der vor allem Armenier und syrische Christen traf und dem schätzungsweise 1,5 Millionen Menschen zum Opfer fielen. „Wir müssen selbst auch Schuld bekennen.“

Schindehütte hob hervor: „Wenn wir aus Anlass des Gedenkens unser Wort erheben, dann tun wir dies in doppelter Freundschaft. Die EKD ist seit langem der Armenisch-Apostolischen Kirche herzlich verbunden. Und Deutschland und die Türkei verbindet eine alte Freundschaft, die gezeigt hat, dass sie auch schwierige Phasen aushält.“

Hannover, 24. April 2010

Pressestelle der EKD
Reinhard Mawick