Scharfe Kritik an der Markwirtschaft bei Sitzung des Weltkirchenrats

Genf (epd). Die Marktwirtschaft ist laut einer führenden Repräsentantin des Weltkirchenrates ein gefährlicher "Götzendienst am Mammon". Die Marktwirtschaft entfessele die Gier und institutionalisiere die Ungerechtigkeit, kritisierte die Vorsitzende des Zentralausschusses des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), Agnes Abuom, laut Redemanuskript in Trondheim.

Zum Auftakt der diesjährigen Sitzung des Ausschusses in der norwegischen Stadt erklärte Abuom, dass die Marktwirtschaft nur wenigen Menschen den Zugang zu Reichtum und wirtschaftlichen Möglichkeiten eröffne. Gleichzeitig beuteten die Wohlhabenden die Erde aus und zerstörten die Umwelt, betonte Abuom, eine Entwicklungsexpertin der Anglikanischen Kirche von Kenia.

Auf der anderen Seite dränge die marktwirtschaftliche Ordnung viele Männer, Frauen und Kinder an den Rand und entmenschliche sie, fuhr die Vorsitzende des ÖRK-Leitungsgremiums fort. Abuom machte die Marktwirtschaft auch für den Klimawandel mitverantwortlich. Die Menschen in den armen Ländern, die den Klimawandel nicht verursacht hätten, müssten den höchsten Preis zahlen. Sie seien den desaströsen Folgen des Klimawandels wie Dürren und Stürmen schutzlos ausgesetzt.

Mitschuld an wachsender Fremdenfeindlichkeit in reichen Ländern

Die Vorsitzende wies der Marktwirtschaft zudem eine Mitschuld an der wachsenden Fremdenfeindlichkeit in reichen Ländern zu. Die Menschen beäugten sich untereinander als Konkurrenten um Jobs und Ressourcen, Fremde würden als Eindringlinge und Feinde wahrgenommen. Die Achtung vor dem Mitmenschen bleibe dabei auf der Strecke, erläuterte Abuom. Sie ist die erste Frau und die erste Afrikanerin, die den Vorsitz des Zentralausschusses des ÖRK innehat.

Die gut 150 Mitglieder des Gremiums tagen bis zum 28. Juni in Trondheim. Themen sind Religion und Gewalt, Flüchtlinge, Kinderrechte, der Nahost-Konflikt, die Wahl eines neuen Exekutivausschusses und die Finanzen des Dachverbandes mit rund 350 Mitgliedskirchen und mehr als 500 Millionen Gläubigen.

Dem Zentralausschuss gehören sechs deutsche Vertreter an: Die Auslandsbischöfin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Petra Bosse-Huber, der Kasseler evangelische Bischof Martin Hein, die Pfarrerin der Evangelischen Landeskirche in Baden Anne Heitmann, Schulamit Kriener von der Evangelischen Kirche im Rheinland, Judith Königsdörfer von der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland und der mennonitische Theologe Fernando Enns (Hamburg).

22. Juni 2016