Kirchen besorgt über Räumung von Kirchenasylen

Hannover, Bonn (epd). Die evangelische und die katholische Kirche haben sich besorgt über vermehrte Räumungen von Kirchenasylen in Deutschland geäußert. „Es ist in der jüngsten Vergangenheit nun bereits mehrfach zu Auflösungen von Kirchenasylen gekommen. Diese Entwicklung bereitet uns große Sorge“, sagte der Flüchtlingsbeauftragte der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Christian Stäblein, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Auch die katholische Deutsche Bischofskonferenz nehme die aktuell vermehrten Räumungen von Kirchenasylen besorgt zur Kenntnis, sagte Sprecher Matthias Kopp.

Flüchtlingspaar aus dem Iran im Kirchenasyl in Essen 2015

Nach Angaben der Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche gab es seit Juli 2023 sieben Räumungen, Räumungsversuche oder Räumungsandrohungen von Kirchenasylen in Deutschland. Zuletzt hatten Behörden in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2020 ein Kirchenasyl aufgelöst. Am Dienstag war bekannt geworden, dass Polizei und Landesbehörden in Niedersachsen im Landkreis Uelzen ein Kirchenasyl in einer evangelischen Gemeinde beendet und eine russische Familie nach Spanien abgeschoben hatten.

„Die Auflösung des Kirchenasyls unter massivem Polizeiaufgebot und Vollstreckung von Zwangsmaßnahmen an einer Familie in einer nachweislich schwierigen humanitären und gesundheitlich überaus belasteten Situation wirft deutliche Fragen an den behördlichen Umgang mit dem Kirchenasyl auf“, sagte der Berliner Bischof Stäblein. Kirchengemeinden machten es sich nie leicht, wenn sie ein Kirchenasyl gewähren. „Dies ist und bleibt für uns ultima ratio.“ Stäblein erklärte, deshalb sei das Gespräch zwischen Kirchen und Behörden so dringlich, damit man zu einem gemeinsamen humanitären Umgang mit Menschen in akuten Notsituationen gelange.

Bischofskonferenz-Sprecher Kopp erklärte, die Bischöfe stünden zu Fragen des Kirchenasyls regelmäßig im Kontakt mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und weiteren zuständigen Behörden. „Wir werden die Entwicklungen weiter beobachten und in Gesprächen mit den zuständigen Behörden dafür werben, dass die Tradition des Kirchenasyls auch künftig respektiert wird.“ Das Kirchenasyl stelle ein letztes Mittel zur Abwendung drohender Menschenrechtsverletzungen oder unzumutbarer humanitärer Härten dar. Es diene dazu, im Austausch mit den staatlichen Stellen den konkreten Einzelfall erneut zu überprüfen und verantwortbare Lösungen zu finden. Wenn Kirchengemeinden oder Ordensgemeinschaften Kirchenasyl gewähren, gehe dies mit einem großen persönlichen Engagement einher. Jede Räumung eines Kirchenasyls bedeute daher für alle Beteiligten eine große Belastung. Zu einzelnen Kirchenasylfällen könne man keine Einschätzung abgeben.