Kirchentag 2011: Dankesworte im Schlussgottesdienst, Elbebühne am Königsufer

Katrin Göring-Ekkardt

Liebe Kirchentagsgemeinde, liebe Schwestern und Brüder,

ein wunderbarer Kirchentag liegt hinter uns. Wir haben Großes und Bewegendes gesehen. Fünf Tage Hören und Reden, Fragen stellen und Antworten haben, Antworten verwerfen und neue Fragen stellen. Wir müssen reden, haben wir zu Beginn gesagt - und: Wir haben geredet. Miteinander und mit Gott. Gott sei Dank!

Wir wollen Dank sagen, zuerst und vor allem, Danke an Euch, den Menschen aus Dresden und Sachsen und der ganzen Region. Den fröhlichen Gemeinden, dem freundlichen Straßenbahnfahrer, der die Nerven behielt, den entspannten Polizistinnen und Polizisten in den lauen Nächten. „Dresden kann Kirchentag" war die Überschrift einer Lokalzeitung. Das stimmt!

Und dann so viel Freundlichkeit bei allen, denen wir Christinnen und Christen etwas suspekt sind; immer wieder hieß es, wir kämen in eine angeblich nahezu glaubensfreie Zone. Danke den Zweiflern für die offenen Arme und lasst euch sagen: Wir zweifeln auch, mitunter.

Und dann Danke Euch, den vielen, vielen Helferinnen und Helfern. Ihr habt eine sensationelle Kondition, fröhlich, friedlich, freundlich über Tage - und Nächte und selbst bei allergrößter Hitze im Zelt. Danke den Ehrenamtlichen, die für Essen gesorgt, Stände betreut, Gespräche geführt haben. Danke für die Musik allerorten. Das alles ist großartig. Liebe Kirchentagsbesucherinnen und -besucher, in Ihrer Nähe sehen Sie bestimmt eine Helferin / einen Helfer. Zeigen Sie Ihnen doch einfach einmal das Herz, unser Handherz [vormachen]. Als Dankeschön.

Und nicht zuletzt Sie alle, die Sie zum Kirchentag gekommen sind, über 120.000. Es wurde der erste echte wiedervereinigte Ost-West-Kirchentag: Wunderbar! Und Ihnen allen großer Dank für"s geduldige Warten auf Einlass und für die Konzentration beim Zuhören, für ihren Applaus und ihre engagierten Beiträge, für Ihre Herzlichkeit und Begeisterung und - für Ihre Gebete. Danke.

Der Kirchentag ist immer beides: ein Fenster zum Himmel und eine Tür zur Welt; und beides gehört zusammen. Wir Christenmenschen lassen uns nicht einreden, wir müssten entweder noch politischer oder aber noch frommer werden. Wir sind beides, und haben vor, es zu bleiben.

So sind wir unterwegs: Die Welt nicht ohne Gott, Gott nicht ohne Welt, beides zusammen wohnt mitten in unseren Herzen. Denn da, wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz. Und wir sind frei, wenn Gott unser Schatz ist, frei für eine bessere, lebenswertere Welt.

Anrede,
Wir müssen reden, aber wir haben nicht nur geredet, sondern auch geklärt:

  • Ja, wir wollen keine Von-Oben-Politik, sondern wir sind die Dafür-Republik. Nicht Wutbürger, Gutmenschen, sondern gute Bürgerinnen und Bürger in Gottes Welt sind wir. Deswegen: fragt uns, diskutiert fair, hört auf kluge Einwände, bevor ihr große Entscheidungen trefft, zu Bahnhöfen, Stromtassen, Flughäfen.
  • Ja, Frieden soll sein. Und Verantwortung. Und es ist schwer, richtig zu entscheiden, wenn es keinen Ausweg zu geben scheint. Aber es ist nicht schwer, ganz und gar auf der Seite derer zu stehen, die unter Krieg leiden, Flüchtlinge aufzunehmen, nicht abzuweisen. Aber es ist nicht schwer zivil aufzubauen, immer zuerst und vor allem. Und - wir beten für alle: für die in den Kriegsgebieten, für die Opfer, für die zivilen Helferinnen und Helfer, für die Soldatinnen und Soldaten.
  • Ja, die Energiewende kommt. Wir fangen gerade an. Jetzt, in diesem Moment produziert Deutschland mehr Strom aus Sonne als aus Atom... Jetzt kommt es darauf an, wirklich umzusteigen, auf 100% erneuerbar.

Wir wollten reden, das haben wir gemacht. Aber wir haben auch geschwiegen. Sind still geworden, als die vielen schwimmenden Kerzen kamen auf der Elbe, jedes Licht ein guter Gedanke für die, denen unser Herz gehört - und für die anderen auch. Wir sind gemeinsam still geworden vor Gottes Wort, das unser Herz weit und unseren Verstand klar macht. Gesucht wird: eine andere Maßeinheit für Wachstum, eine andere Definition von Erfolg, eine neue Form des Zusammenlebens. Maßhalten macht reich, Geschwindigkeitsreduzierung schenkt Zeit. Wir wollen so leben, dass auch unsere Kinder noch Luft zum Atmen, Bäume zum Klettern und Wiesen zum Toben haben, dass sie Klippdachse treffen und große Fische im Meer.

Jetzt geht der 33. Deutsche Evangelische Kirchentag zu Ende. Und er trägt seine Botschaft ins ganze Land:

  • Seid barmherzig, mit der Schöpfung, denn sie erträgt nicht alles,
  • Seid barmherzig mit den Fremden und Asylsuchenden, denn sie brauchen eine Heimat so wie du und ich,
  • Seid barmherzig mit den Andersglaubenden, denn sie suchen Gott so wie wir,
  • und: seid barmherzig mit Euch selbst, gebt Gott Raum in eurem Herzen, denn er ist barmherzig, und wir können es auch sein.