Themenhinführung zur Eröffnung des Ökumenischen Gottesdienstes anlässlich der bundesweiten Eröffnung der Woche für das Leben 2007 im Bremer St. Petri Dom

Karl Kardinal Lehmann, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz

Liebe Kinder!

Ich freue mich sehr, dass Ihr heute gekommen seid, um gemeinsam mit uns diesen Gottesdienst zu feiern und die Woche für das Leben 2007 zu eröffnen. Wenn Ihr heute hier seid, tragt Ihr dazu bei, dass dieser Tag, an dem es um Euch Kinder geht, auch ein Tag mit Euch Kindern ist.

Wir Erwachsenen wollen heute darüber nachdenken, wie wir es anstellen können, für Euch Kinder gute Begleiter auf Eurem Weg ins Leben zu sein. Wie wir Euch den Weg zeigen und Euch helfen können, selbst Euren Lebensweg zu finden. Ich kann mir gut vorstellen, dass Ihr selbst auch Eure Gedanken zu diesen Fragen habt. Vielleicht denkt Ihr ja auch: „Das ist doch gar nicht so schwer für die Erwachsenen. Die können doch sonst auch ziemlich viel und dürfen auch viel mehr tun als die Kinder. Die Erwachsenen dürfen doch selbst entscheiden, wohin sie gehen wollen. Da können Sie das doch auch den Kindern zeigen.“

Ich weiß nicht, ob Ihr schon einmal versucht habt, jemandem einen Weg zu zeigen – in einer Stadt oder auch in einem großen Gebäude – wenn Ihr Euren Eltern oder Euren Freunden etwas zeigen wolltet zum Beispiel. Wenn man sich selbst gut auskennt, ist das kein besonderes Problem. Aber wenn man selbst nicht so richtig weiß, wo es langgeht, dann ist die Sache gar nicht so einfach. Auf der einen Seite fragt der, dem man den Weg zeigen will: „Wie geht es denn jetzt weiter?“ Auf der anderen Seite ist da der Weg, bei dem man sich gar nicht sicher ist, ob er noch der richtige ist: „Wie komme ich denn jetzt weiter?“ Wenn wir Erwachsenen Euch Kindern zeigen wollen, was für Euer Leben und für Eure Zukunft wichtig ist, dann geht es uns manchmal so ähnlich. Was ist wichtig? Was können und was müssen wir Euch mitgeben? Wie können wir Euch die Dinge so erklären, so dass Ihr gerne zuhört, gut versteht und danach handelt? Wir wollen mit diesem Gottesdienst, diesem Tag und dieser Woche für das Leben den Erwachsenen Mut machen, dass sie immer wieder neu den richtigen, den besten Weg für Euch und mit Euch suchen. Wir sind überzeugt, dass es sich lohnt: Für Euch und Eure Zukunft, aber auch für uns Erwachsene!

Liebe Erwachsene!

Kennen Sie dieses Gefühl, jemandem einen Weg zeigen zu müssen, über den man sich selbst unsicher ist? Viele Eltern berichten, dass es Ihnen mit der Erziehung und der Bildung für ihre Kinder so oder so ähnlich geht, wie wir es oft hören: „Wir wollen ja gerne, dass unsere Kinder lernen, ehrlich und aufrichtig zu sein. Aber bereiten wir sie damit nicht falsch auf eine Welt vor, in der der Ehrliche der Dumme ist?“

„Wir wollen ja gerne, dass unsere Kinder sich zu rücksichtsvollen und einfühlsamen Menschen entwickeln. Aber kommen sie dann nicht unter die Räder in einer Gesellschaft, in der die Rücksichtsvollen nur ausgenutzt werden?“

„Wir wollen unseren Kindern ja einen lebendigen Bezug zur Religion mit auf den Weg geben. Wir wollen unseren Kindern ja von Gott und von Jesus erzählen. Aber so, wie wir das früher gelernt haben, geht das heute nicht mehr und wir kennen uns auch nicht damit aus.“

Die Woche für das Leben, die wir mit diesem Ökumenischen Gottesdienst hier im Bremer St. Petri Dom feierlich eröffnen, möchte angesichts dieser Fragen eine dreifache Botschaft ausrichten:

Als Erstes: Kinder brauchen Erziehung und Bildung. Sie brauchen die Erwachsenen, die ihnen liebevoll und einfühlsam Dinge beibringen und auch Haltungen, Wissen und Werte. Und Kinder brauchen Erwachsene, die sie mit ihren religiösen Fragen nach dem Woher, Wohin und Warum des menschlichen Daseins nicht alleine lassen, sondern mit ihnen gemeinsam auf die Suche nach tragfähigen Antworten gehen. Wir haben die Kraft der Vorbilder neu entdeckt.

Als Zweites: Haben Sie Mut, sich für die Erziehung von Kindern, für die Vermittlung von Werten und für das Hineinwachsen in den christlichen Glauben immer wieder neu zu engagieren. Resignieren Sie nicht, auch wenn es schwierig ist. Was Eltern ihren Kindern mitzugeben vermögen, ist mehr, als es im Alltag zuweilen scheint. Vieles wird einfach durch das gelebte Leben weitergegeben, das wir eher unterschätzen.

Und als Drittes: Eltern stehen mit ihrem Bemühen um eine gute Erziehung und Bildung der Kinder nicht alleine da. Es gibt, auch und gerade aus dem Bereich der Kirchen, eine Fülle von hilfreichen Angeboten, die die Wertevermittlung und die Erziehung – nicht nur die religiöse Erziehung – in der Familie unterstützen und ergänzen. Angefangen von Familienbildung, Elternkursen und Krabbelgruppen über den Kindergarten bis hin zum Religionsunterricht und den Kindergottesdiensten in den Gemeinden. Später kommt die Jugendarbeit hinzu. Wir müssen die Gelegenheiten wirklich nur ergreifen und sie nützen, was leider oft nicht geschieht.

Liebe Kinder, liebe Erwachsene!

Gemeinsam wollen wir uns auf den Weg in die Zukunft machen. Wir wollen miteinander die Wege zum Guten suchen und immer wieder neu nach Gott fragen, der alles Gute schafft und schenkt. Gemeinsam wollen wir, evangelische und katholische Christen, Junge und Alte, Männer und Frauen, jetzt Gottesdienst feiern, auf Gottes Wort hören und unsere Gebete und Anliegen vor ihn hintragen.