Morgenandacht zur EKD-Synode in Ulm 2023

Anna-Lena Moselewski und Steffen Kern

Anna-Lena Moselewski und Steffen Kern

Die Synodalen Anna-Lena Moselewski und Steffen Kern bei der Morgenandacht zur EKD-Synode in Ulm
-

unredigierte Fassung

Synodale Moselewski: Guten Morgen auch von unserer Seite. Wie schön, dass wir diesen vollen, ereignisvollen Tag heute gemeinsam mit einer Andacht starten dürfen. Wir feiern diese Andacht im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen. Wir singen gleich ein Lied, das ist Ihnen sicherlich nicht unbekannt. Und wir freuen uns darauf.

(Lied: „Er weckt mich alle morgen“)

Synodaler Kern: Hoffnung ist gerade schwer zu finden. Ich suche sie. Herbert Grönemeyer.

Synodale Moselewski: Wenn wir zu hoffen aufhören, kommt, was wir befürchten, bestimmt. Ernst Bloch.

Synodaler Kern: Wo Hoffnung ist, da ist Leben. Es erfüllt uns mit neuem Mut und macht uns wieder stark. Anne Frank.

Synodale Moselewski: Liebe ist möglich, Glaube geschieht und Hoffnung verändert die Welt. Dorothee Sölle.

Synodaler Kern: Die Hoffnung ist der Regenbogen über den herabstürzenden Bach des Lebens. Friedrich Nietzsche.

Synodale Moselewski: Viele Zitate über Hoffnung. Aber bestimmt nicht alle zu diesem wichtigen Thema. Und jeden und jede von uns spricht sicherlich auch ein anderes Zitat mehr oder weniger an. Mich persönlich spricht das Zitat von Herbert Grönemeyer, das erste, in meiner aktuellen Situation sehr an. Es ist von seinem aktuellen Album. Er sagt: „Hoffnung ist gerade schwer zu finden. Ich suche sie.“ Ich bin ja im wissenschaftlichen Bereich unterwegs. Und ich weiß, man darf keine Zitate verändern. Wenn ich es könnte, dann würde ich es aber so verändern: „Hoffnung ist gerade schwer zu finden, dennoch suche ich sie.“ Dieses dennoch, dieses klitzekleine Wörtchen, das für mich so viel Trotzkraft, so viel Mut und Optimismus ausdrückt. Und gerade das beim Thema Hoffnung. Hoffnung ist ja irgendwie auch so ein vielfältig verwendeter Begriff. Eine mutmachender Begriff und auch ein ganz schön abgenutzter und ausgenutzter Begriff. Und gerade, wenn wir so in die Welt schauen, auf die Krisenherde, auf die gesellschaftlichen Herausforderungen. All das, was wir jetzt auch in den letzten Tagen hier besprochen haben, worum wir gerungen haben, oder auch in unserem persönlichen Leben, dann geht uns manchmal die Hoffnung aus. Und dennoch setzen wir die Hoffnung als Auftakt des Tages und unserer weiteren Besprechungen zum Schwerpunktthema. Wir knüpfen dabei einerseits an an menschliche Bedürfnisse, an das Bedürfnis nach Halt, nach Orientierung, trotz der Krisen. Und andererseits stellen wir die Hoffnung ganz bewusst voraus. Wir wollen nicht nur anknüpfen, wir wollen sie vorausstellen. Vor das Führen und vor das Tun. Bevor wir über das Reden reden und über das Tun tun, wollen wir die Hoffnung zum Thema machen. Im ersten Petrus 3 Vers 15 steht: „Seid immer bereit, Rede und Antwort zu stehen, wenn jemand fragt, warum ihr so von Hoffnung erfüllt seid.“ Was für ein schöner Text. Unser Schwerpunktthema beschäftigt sich genau mit diesem Sprechen und mit dem Tun. Und das wollen wir einüben als Kirche, als Synodale und auch einfach als Christinnen. Und der biblische Brief, der gibt uns hier einen Hinweis. Wir sollen unsere innere Hoffnung entdecken und kennen, um darüber sprechen zu können und daraus handeln zu können. Denn in der Hoffnung ist die Kraft des Anfangs, die wir brauchen. Und sie steht am Beginn des Sprechens und des Tuns. Und gleichzeitig werden wir ja auch ehrlich gesagt nie fertig sein mit dieser Suche. Wir haben nie die perfekte Hoffnung, nie die perfekte Antwort. Und manchmal müssen wir uns Hoffnung auch zusprechen lassen von anderen oder von Gott selbst. Und auch darüber lohnt es sich zu sprechen. Es bedeutet eben nicht, dass wir die fertige Lösung haben müssen, um überhaupt über den Glauben sprechen zu können. Aber und dennoch braucht unsere Sprach und Handlungsfähigkeit einen Inhalt. Einen festen Grund, einen weiten Horizont und etwas, das uns auf Spannung hält. Die Hoffnung.

Synodaler Kern: Das hebräische Wort für hoffen heißt לקוות . Ein herrlich anschaulicher Begriff. Er bedeutet zugleich, ein Seil spannen. Ein Bleilot versenken, etwas Schweres anzubinden und es nach unten zu lassen. Dann ist das Seil gespannt. Oder ein Gartenbeet abzustecken. Hier in Württemberg werden die Gartenbeete akkurat, schnurgerade abgesteckt in den Vorgärten. Ich weiß nicht, ob es Ihnen schon aufgefallen ist. Dazu wird ein Pflock in die Erde geschlagen, vielleicht auch anderswo in Deutschland. Also ein Pflock in die Erde geschlagen, eine Schnur daran gebunden und wieder ein Pflock in die Erde geschlagen. Und entlang dieser Schnur wird mit dem Spaten akkurat das Gartenbeet abgesteckt. Oder wenn eine Mauer gebaut wird, eine Schnur wird gespannt und dann wird die Mauer entlang gebaut. Gespannt leben. Das heißt hoffen. Der eine Pflock ist bei mir. Da, wo ich bin. Der andere in dem, was mir gesagt ist. In der Zusage, im Versprechen. Gespannt leben. Hoffen heißt, im Modus der Verheißung zu leben. Im Modus der Verheißung halten wir fest, was sein wird, wer wir sein werden, wer wir sind und was ist. Die neue Welt. Nicht nur irgendwann einmal. Schon jetzt. Ja, jenseits getröstet und diesseits verliebt. Himmel im Herzen und ganz geerdet. Weltzugewandt. So hangeln wir uns voran, am Seil entlang, Schritt für Schritt. Bodenständig. Ausgerichtet auf ein Versprechen. Und wir erzählen. Hoffnungsgeschichten. Gespannt. Wir spinnen den Faden weiter, den roten Hoffnungsfaden. Erzählen von Auferweckung. Und spinnen sie in die Welt hinein. Erzählen von Lazarus und Maria und von Jesus, dem Christus. Erzählen von Anfängen und fangen selbst neu an. Immer wieder. Immer wieder neu. Erzählen von Aufbrüchen, von scheitern und wieder aufstehen. Gott fängt an, er ist ein Anfänger und er bleibt es, ein leidenschaftlicher Anfänger. Darum hoffen wir und darum fangen wir neu an. Wir wagen den Anfängerglauben und wir leben die Kraft des Anfangs. Die Hoffnung. Als Hoffnungsmenschen.

Synodale Moselewski: Und Sie haben bestimmt das Rätsel um die rote Schnur auf Ihrem Platz schon gelöst. Das große Seil können wir nicht jedem schenken, aber ein kleines Stück rote Schnur. Eine Hoffnungsschnur, die uns erinnert an diese Synode, an das Thema der Synode. Und an die Hoffnung. Und wir laden Sie ein, es gibt jetzt ein kurzes Instrumentalstück. Wir haben zwei Fragen an Sie. Nur Sie für sich, das müssen Sie mit keinem teilen. Die erste Frage: „Welche Hoffnung trägt dich?“ Und: „Wo hast du Halt?“

Wir hören ein Instrumentalstück von unserer wunderbaren Band. Und in der Zeit dürfen Sie das symbolisch mit der Schnur mal überlegen.
(Musik)

Synodale Moselewski: Mein Appell an euch, an Sie. Halte die Hoffnung fest. Vielleicht wollen Sie ja die Schnur an den Rucksack binden? An den Schlüsselbund? Ans Mäppchen? Keine Ahnung. Werden Sie kreativ. Nehmen Sie die Schnur mit. Die darf Sie erinnern an diese Zusage, dass wir auf Spannung leben. Dass wir eine Hoffnung haben. Und das drücken wir jetzt nochmals aus in einem Lied. In das Lied integriert wird dann auch die Segnung sein. Und wir singen, meine Hoffnung und meine Freude. Eines meiner LieblingsTaizéLieder, das ganz einfach, in einfachen Worten diese Hoffnung ausdrückt.

(Lied: „Meine Hoffnung und meine Freude)

Präses Heinrich: Lieber Stefan, komm gerne in unsere Mitte. Im Rahmen dieser Andacht wollen wir Dich, Stefan Werner, in Dein Amt als Mitglied des Rates der EKD einführen.

Ratsvorsitzende Präses Dr. h.c. Kurschus: Das Amt eines Ratsmitgliedes der EKD ist ein schönes, intensives, arbeitsreiches Amt. Und es ist ein geistliches Amt.

Präses Heinrich: Dazu heißt es treffend im 1. Petrus, im 4. Kapitel: „Seid besonnen und bewahrt einen klaren Kopf, damit ihr beten könnt. Haltet vor allem mit Ausdauer an der Liebe zueinander fest. Dient einander, jeder mit der Gabe, die er erhalten hat. So erweist ihr euch als gute Verwalter der bunten Gnade Gottes.“

Ratsvorsitzende Präses Dr. h.c. Kurschus: Stefan Werner, ich frage Dich vor Gott und vor dieser synodalen Gemeinde: Bist Du bereit, Deinen Dienst als Ratsmitglied sorgfältig und treu auszuüben, gebunden an das Evangelium von Jesus Christus, wie es in der Heiligen Schrift gegeben ist? Bist Du bereit, die Grundordnung der EKD zu wahren und die Bekenntnisgrundlagen der Gliedkirchen und Gemeinden zu achten und mit allen, die in der Kirche Jesu Christi ihren Dienst tun, zusammenzuarbeiten zur Ehre Gottes und zum Wohl unserer Kirche und der Menschen, so antworte: „Ja, mit Gottes Hilfe.“

Direktor Werner, Mitglied der Kirchenkonferenz: Ja, mit Gottes Hilfe.

Präses Heinrich: So führen wir Dich ein in Dein Amt und senden Dich in Deinen Dienst. Im Namen Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes. Lass Dich segnen. Gott segne Dich. Er segne Deinen Geist und erhalte Dich in seiner Gnade.
Ratsvorsitzende Präses Dr. h.c. Kurschus:: Gott segne Dich. In seiner Liebe erneuere sich Deine Liebe täglich neu. Geh hin in Frieden. Amen.

(Lied: Meine Hoffnung und meine Freude)

Synodale Moselewski: Und dann sprechen wir gemeinsam das Vaterunser. Dreieiner Gott, danke, dass du unsere Hoffnung bist. Danke, dass du der andere Pol der Spannung bist, der roten Schnur. Danke, dass du uns begleitest, als Einzelpersonen, als Kirche in deiner Welt. Und ich möchte dich bitten, dass du uns immer wieder an diese Hoffnung erinnerst. Vor allem in hoffnungslosen Zeiten. Dass du unser Grund bist. Dass du uns Mut gibst, über den Glauben zu sprechen und zu tun. Danke, dass du uns diese Hoffnung zu sprichst. Und gemeinsam beten wir.

Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name. Dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit, in Ewigkeit. Amen.


Synodaler Kern: Es segne und behüte uns der Gott der Hoffnung, der allmächtige und barmherzige Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen.

Text zum Download