Zum 70. Jahrestag der Barmer Theologischen Erklärung

Huber: Herausragende Bedeutung im Jahr 2004

Auch 70 Jahre nach ihrer Entstehung bleibe die Theologische Erklärung von Barmen von herausragender Bedeutung, erklärte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, in einem Wort zum 70. Jubiläum der vom 29. bis 31. Mai 1934 formulierten Thesen. Insbesondere das dort erklärte Staatsverständnis sei im Zusammenhang mit der Diskussion über den europäischen Verfassungsvertrag oder im Blick auf den Dialog mit dem Islam von Aktualität, sagte Huber in Berlin.

"Das Wort Gottes will den säkularen Staat", so fasst Huber das Staatsverständnis der in einer Zeit kirchlicher Bedrängnis formulierten Schrift zusammen. Die Erklärung enthalte die Bestimmung des Verhältnisses von Kirche beziehungsweise Religion und Staat. Besonders aktuell seien diese Fragen gegenwärtig zum Beispiel in Zusammenhang mit der europäischen Verfassung oder dem Dialog mit dem Islam.

Durch das Wort Gottes sei dem Staat die Sorge für Recht und Frieden zugewiesen, an die ihn die Kirche immer wieder erinnern müsse. Die Barmer Theologische Erklärung sehe gerade den säkularen Staat im Wort Gottes begründet und befürworte die positive weltanschauliche Neutralität des Staates. "Eine Überhöhung des Staates dagegen, die ihn zur ’einzigen und totalen Ordnung menschlichen Lebens’ machen würde, lehnen die Thesen der Barmer Erklärung ausdrücklich ab", so Huber. Er betonte, dass dies beispielsweise auch dann gelte, wenn die Wirtschaft zur einzigen und totalen Ordnung menschlichen Leben erklärt oder faktisch so behandelt würde.

Bekenntnistexte wie die Barmer Erklärung würden ihre Bedeutung besonders in existentiellen Situationen erweisen, erklärte der Ratsvorsitzende. Auch im Dialog der Religionen zeige sich, dass die Vergewisserung des eigenen Christusbekenntnisses erst dazu befähige, diesen Dialog zu führen.

Eine kritische Auseinandersetzung mit dem Bekenntnistext, der sich nicht ausdrücklich gegen die einsetzende Judenverfolgung gerichtet hat, nannte Huber legitim. Die Kirche als Ganze sei in Barmen eine entsprechend klare Aussage schuldig geblieben, erinnerte Huber. Insgesamt könne die Barmer Theologische Erklärung als eine Auslegung des Ersten Gebotes "Ich bin der Herr, dein Gott. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir" verstanden werden. Überall dort, wo der persönliche Besitz oder wirtschaftlicher Erfolg als Götze verehrt werden, werde das Erste Gebot verletzt. "Insofern haben wir viel Grund dazu, den Götzendienst unserer vermeintlich so säkularen Gesellschaft aufzudecken und ihm entgegenzutreten."


Hannover, 27. Mai 2004

Pressestelle der EKD
Anita Hartmann

Text im Wortlaut