Grundimpuls der Reformation wieder aufnehmen

Wolfgang Huber zu 475 Jahren Reformation in Hamburg

Sparzwänge dürften nicht dazu führen, dass sich die Kirche in ihre eigenen Mauern zurückziehe und sich nur noch um ihre Kerngemeinde kümmere, so der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, in einem Vortrag zu 475 Jahren Reformation in Hamburg. In einer "reformatorischen Zeitansage" verwies Huber am Dienstag, den 8. Juni, in der Hamburger Hauptkirche St. Petri auf vier Aufgaben, die für eine Kirche mit Zukunft fundamentale Bedeutung hätten. Dazu zähle der Missionsauftrag der Kirchen, kulturelle Kompetenz, das "Tun des Gerechten" in ökumenischer Gemeinsamkeit und das diakonische Handeln.

Es gälte, den Grundimpuls der Reformation für unsere Zeit aufzunehmen, so Huber. "Durch Konzentration auf das Wesentliche wollen wir das Feuer wieder entfachen, das in der reformatorischen Glut unserer Kirche enthalten ist." Eine der größten Herausforderungen an die Kirche sei die Kluft zwischen privatisierter Religion und öffentlicher Kirche. Obwohl er eine "Rückkehr der Religion" feststellte, werde die eigene Glaubensbindung "allenfalls noch bei den Übergangsriten des Jahres- und Lebenslaufes öffentlich wahrnehmbar". Zur Verringerung dieser Kluft sei kulturelle Kompetenz nötig, um selbstbewusst und in ansprechender Weise über die Tragkraft des Glaubens Auskunft geben zu können.

Gleich bedeutsam bleibe das "Tun des Gerechten", wie Dietrich Bonhoeffer es im Gefängnis formulierte. "Die Präsenz der Kirche in der Gesellschaft und ihr Handeln zugunsten derer, die nicht für sich selbst sprechen können, wird nicht ins zweite Glied gerückt", betonte der Ratsvorsitzende. Dabei sei das erreichte Maß an ökumenischer Gemeinsamkeit "ein hohes Gut, das zu bewahren und weiterzuentwickeln wir alle miteinander verpflichtet sind". Das Gemeinsame Sozialwort der Kirchen von 1997, der Einsatz für Frieden angesichts des Irakkrieges oder die Beteiligung an den Reformdiskussionen jüngster Zeit seien Beispiele, "wie dringlich das gemeinsame Zeugnis der Kirchen" in der Gesellschaft sei.

"Einer der größten Aktivposten der Kirche" sei der Ausbau von diakonischen Einrichtungen in den vergangenen Jahrzehnten. Häufig seien Menschen in der Gesellschaft vor allem deswegen neugierig auf Kirche, "weil sie neugierig sind auf helfenden Glauben, weil sie Zutrauen haben zu einer helfenden Kirche". Zu wünschen sei aber, dass der Zusammenhang zwischen Diakonie und Seelsorge deutlicher spürbar werde.

Hannover, 07. Juni 2004

Pressestelle der EKD
Silke Fauzi

Rede im Wortlaut