„Kirche der Freiheit“ im 21. Jahrhundert

Wolfgang Huber eröffnet EKD-Zukunftskongress in Wittenberg

„Der christliche Glaube ist eine Religion der Freiheit und der Vernunft, des freien Dienstes am Nächsten und der politischen Mitverantwortung“ erklärte der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, in seinem Vortrag zur Eröffnung des Zukunftskongresses der EKD in der Lutherstadt Wittenberg am Donnerstag, dem 25. Januar. „Zukunft gewinnt die evangelische Kirche durch ihre geistliche Kraft“, das sei die Mitte des erhofften und erbetenen Mentalitätswandels. Diese Erkenntnis sei keine Absage an ein gesellschaftspolitisches Engagement. „Vielmehr ergibt sich doch die Verantwortung für Gerechtigkeit und Frieden, für die Würde des Menschen und die Bewahrung der Natur aus dem gottesdienstlichen Handeln und geistlichen Leben der Kirche selbst.“

In seinem Vortrag in der Wittenberger Stadtkirche konzentrierte sich der Ratsvorsitzende auf die von Martin Luther und der Reformation wieder freigelegte „Freiheit eines Christenmenschen“. Die Besinnung auf diese Freiheit bleibe der „Gründungsakt und die Verfassungsurkunde“ aller reformatorischen Kirchen. Aus diesem Impuls entstehe auch das Eintreten für eine Gewissensfreiheit, die gegenüber den Ansprüchen der Mächtigen eine „unantastbare Instanz der Verantwortung vor Gott und der aus ihr folgenden Selbstbestimmung“ bilde. Alle Veränderungen und Neugestaltungen, alle Erneuerung und Reformen, die sich die evangelischen Christen für ihre Kirche vornehmen, müssten sich als Dienst an dieser Freiheit verstehen: „Sonst taugen sie nicht.“

Mit der Aufklärung und der Neuzeit sei „das Jenseits jenseitiger und das Diesseits diesseitiger“ geworden, sagte der Ratsvorsitzende. „Heute spüren wir, dass reine Diesseitigkeit ein Verhängnis ohne Ausweg ist.“ Der befreite Mensch habe dagegen „den Rücken frei vom Ballast der Selbstbestätigung. Er kann frei und aufrecht gehen.“ Wer selbst in den Genuss unverfügbarer Freiheit komme, wisse sich für die Gestaltung von Räumen verantwortlich, in denen diese Freiheit zur Erfahrung komme. Deshalb setze sich die evangelische Kirche auch in Zukunft für Lebensverhältnisse ein, in denen Freiheit erfahrbar werde; denn eine „selbstgenügsame Kirche“ wäre ein Widerspruch in sich selbst. Weil eine Kirche der Freiheit notwendigerweise eine Kirche für andere sei, wolle die evangelische Kirche ihrem missionarischen Auftrag nachkommen. Denn das Evangelium der Freiheit gelte allen Menschen. Ebenso sei die evangelische Kirche zur gesellschaftlichen Mitverantwortung bereit. Allen Menschen eine gerechte Teilhabe an der Gesellschaft zu ermöglichen, sei dafür der zentrale Gesichtspunkt.

Die Reformation habe den Begriff der Kirche konsequent vom Gottesdienst und von der Verkündigung des Wortes Gottes her bestimmt. Diese Konzentration werde die nun anstehenden Reformüberlegungen bestimmen und antreiben. Alle Reformprozesse richteten sich auf die kirchlichen Kernaufgaben und auf eine Profilierung der geistlichen Grundlagen und Grundvollzüge kirchlichen Lebens: „Wir wollen an der inneren Kraft und Qualität, an der Anmut und dem Glanz unserer Gottesdienste arbeiten.“ Mit dieser Aussage eröffnete der Ratsvorsitzende die dreitägige Debatte auf dem EKD-Zukunftskongress.

Lutherstadt Wittenberg, 25. Januar 2007

Pressestelle der EKD
Silke Fauzi