Vertrauensberufe brauchen Schutz durch, aber auch vor dem Staat

Wolfgang Huber spricht vor dem 57. Deutschen Anwaltstag

Träger von Vertrauensberufen wie Ärzte, Geistliche oder Rechtsanwälte brauchen in besonderem Maße Schutz nicht nur durch, sondern auch vor dem Staat. Darauf hat der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, in einem Vortrag vor dem 57. Deutschen Anwaltstag in Köln am Freitag, 26. Mai, hingewiesen. Der Staat dürfe in die unantastbaren Rechte seiner Bürger nicht eingreifen, und habe sicherzustellen, dass sich die Bürger „zur Wahrung ihrer Belange und ohne Risiko für ihre Privatsphäre gegenüber den Sachwaltern ihrer Angelegenheiten öffnen können“. Zugleich müssten allerdings auch die Grenzen der besonderen Behandlung der Vertrauensberufe klar gesteckt sein.

Huber erklärte in seinem Vortrag zum Thema „Vertrauensberufe im Rechtsstaat“, dass der Staat zum Beispiel die Reichweite eines Zeugnisverweigerungsrechts „vor dem Hintergrund der unabweisbaren Bedürfnisse einer wirksamen Strafverfolgung“ nicht grenzenlos ausdehnen könne. Ausnahmen dieser Art müssten stets plausibel begründet und legitimiert sein. Umgekehrt sei aber mit großer Sorgfalt darauf zu achten, inwieweit durch neuere Entwicklungen die Vertrauensbasis der Vertrauensberufe untergraben oder ausgehöhlt werde. „Problematisch sind dabei wettbewerbsrechtliche Entwicklungen auf europäischer Ebene ebenso wie ständig wachsende Anforderungen an die Instrumente der Strafverfolgung im Zuge der Ausweitung krimineller oder terroristischer Handlungen.“

Die Auseinandersetzung mit dem Begriff des Vertrauens sei ein Gebot der Stunde, so der Ratsvorsitzende. Die Erosion des Vertrauens sei nicht auf den Umgang mit dem Recht und die Rechtspflege begrenzt. So halte er den schon wochenlang anhaltenden Streik der Klinikärzte deshalb „für hoch beunruhigend“, weil er „schon jetzt in erkennbarer Weise“ das Vertrauen in den Beruf des Arztes schädige. „Ich bin deshalb davon überzeugt, dass die streitenden Parteien eine gemeinsame Verpflichtung haben, möglichst schnell den Weg zu einem tragfähigen Kompromiss zu gehen, weil sie nicht weiter das Vertrauen in diejenigen aushöhlen dürfen, um deren Arbeits- und Entlohnungsbedingungen es geht: die Ärzte in unseren Kliniken.“

Hannover, 26. Mai 2006
Pressestelle der EKD
Silke Fauzi

Der Festvortrag im Wortlaut