Friedenswunsch für den neuen Hauptstadtbahnhof

Die Wege durch ein friedliches Europa kreuzen sich in dem Haus

Die Kirche bitte um Gottes Segen für alle Menschen, die im neuen Berliner Hauptbahnhof aus- und eingehen. Zur Eröffnung des neuen Bahnhofs hat der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, an die Aufforderung Jesu. „Wenn ihr in ein Haus kommt, sprecht zuerst: Friede sei mit diesem Haus“ erinnert. Dort, wo sich die Eisenbahnlinien zwischen Paris und Moskau, zwischen Kopenhagen und Wien kreuzen, soll der Hauptbahnhof ein Symbol des friedlich vereinten Europas sein, das neu über die Voraussetzungen nachdenke, die es sich nicht selbst gegeben hat und von denen es doch lebt. Der Wunsch um Frieden gelte auch der Stadt, in der die Menschen, in diesem Bahnhof kommen, sagte der Bischof der evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz.

Das Segens- und Friedenswort des Ratsvorsitzenden, Bischof Wolfgang Huber, anlässlich der Eröffnung des Hauptstadtbahnhofs im Wortlaut:

Ansprache zur Einweihung des Berliner Hauptbahnhofs am 26. Mai – Lukas 10,5

"Seinen Jüngern, die er auf die Reise schickt, gibt Jesus einen Rat mit auf den Weg. Er sagt ihnen: Wenn ihr in ein Haus kommt, sprecht zuerst: Friede sei diesem Haus. Diesen Wunsch wollen wir heute dem neuen Berliner Hauptbahnhof mit auf den Weg geben.

In der neuen Mitte der Stadt, die noch im Werden ist, bildet er eine Drehscheibe für die Mobilität der Menschen. Wir fragen: In welchem Geist werden sie sich bewegen? Schon der alte Lehrter Bahnhof wurde das Schloss unter den Bahnhöfen genannt; der neue versucht es ihm gleich zu tun. Wir fragen: Welche Art von Herrschaft wird in diesem Schloss ausgeübt? Ein Tor zur Stadt soll sich für Reisende aus allen Himmelsrichtungen auftun. Wir fragen: In was für eine Stadt werden sie kommen?

Wir wünschen diesem gewaltigen Bauwerk wie der Stadt, in der es steht, wir wünschen den Menschen, die sich hier bewegen, wie denen, die für seinen Betrieb verantwortlich sind: Friede sei diesem Haus.

Aus aller Herren Länder stammten die Menschen, die sich um die Erstellung dieses Gebäudes bemühten; ein koptischer Christ war der leitende Ingenieur. Technische Perfektion prägt das Bauwerk wie seinen künftigen Betrieb. Und doch bleibt es auf Gottes Frieden angewiesen, der weiter reicht als unsere technische Perfektion. Das Menschenmögliche kann nur leisten, wer etwas von dem Frieden in sich hat, der höher ist als alle Vernunft. Friede sei diesem Haus.

Hier kreuzen sich die Eisenbahnlinien zwischen Paris und Moskau, zwischen Kopenhagen und Wien. Der Hauptbahnhof ist ein Symbol des friedlich vereinten Europas, das neu über die Voraussetzungen nachdenkt, die es sich nicht selbst gegeben hat und von denen es doch lebt.  Friede sei diesem Haus.

Gottes Frieden gilt allen, die in diesem Gebäude ankommen und abfahren, welcher Nationalität und Religion sie auch sein mögen. Ich freue mich darüber, dass diese Vielfalt auch am Tag der Eröffnung zum Ausdruck kommt.

Unterschiedlich ist die Lage derer, die hier kommen und gehen – an diesem Ort zwischen Kanzleramt und Knast, den auch die Berliner Stadtmission als ihren Ort angenommen hat. Arme und Reiche mögen nicht aneinander vorbeischauen, wenn sie sich hier begegnen. Die Kirche am Bahnhof, wie sie in der Bahnhofsmission sichtbar ist, leistet ihren Beitrag dazu, dass Menschlichkeit am Zug ist. Sie wird gebraucht, gerade hier.

Als evangelische und katholische Kirche folgen wir an diesem Tag dem Rat Jesu an seine Jünger. Wir bitten um Gottes Segen für alle Menschen, die hier ein- und ausgehen: Friede sei diesem Haus. Amen"

Hannover / Berlin, 26. Mai 2006

Pressestelle der EKD
Christof Vetter