Huber: Kirchen sollten "Glaubensthema ins Zentrum rücken"

Festvortrag zum 500. Geburtstag Heinrich Bullingers

Neugierig zu machen auf den Glauben und diesen überzeugend zu vermitteln, darin sieht der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, eine Grundaufgabe der Kirche, die heute neue Aktualität gewinne. Bei einem Vortrag anlässlich der Jubiläumsfeier zum 500. Geburtstag des Reformators Heinrich Bullinger am Sonntag, dem 13. Juni 2004, im Zürcher Rathaus rief Huber die Kirchen dazu auf, "das Glaubensthema ins Zentrum zu rücken." Die Kirchen könnten sich heute nicht mehr auf die Vermittlung moralischer Maßstäbe beschränken, sondern müssten ihre spezifisch religiöse Kompetenz zur Geltung bringen.

In einer Zeit, in der der christliche Glaube in weiten Teilen Mitteleuropas seine Selbstverständlichkeit verloren habe, sei es zentrale Zukunftsaufgabe der Kirchen, vom Glauben und seiner Freiheit so zu reden, "dass wir auch diejenigen Menschen anrühren und überzeugen, die ohne Berührung mit dem christlichen Glauben aufgewachsen sind oder die den Zugang zu ihm über die Jahre verloren haben." Dazu dürften die Kirchen nicht in der "Selbstsäkularisierung befangen bleiben", die besonders den Weg des Protestantismus in Mitteleuropa in den letzten Jahrzehnten geprägt habe.

Er begleite die Aufbrüche zu neuer Spiritualität daher mit großen Erwartungen, so der Ratsvorsitzende. Allerdings müsse es eine bewusst christliche Spiritualität sein, wenn sie der Sprachfähigkeit des Glaubens dienen solle. Auch in Zeiten rückläufiger Finanzeinnahmen sei eine überzeugende Kirche möglich. Die Zuversicht auf eine solche Kirche nehme dort Gestalt an, "wo die Zuwendung zur jungen Generation mit einem klaren Vorrang versehen wird" und wo die "Würdigung ehrenamtlicher Arbeit das Leben der Gemeinde prägt". Zentrum der Sozialgestalt der Kirche bleibe aber die Feier des Gottesdienstes.

Sein eigenes Denken habe in der Gewichtung der Notwendigkeiten Wandlungen durchlaufen, sagte Huber.  Während ihm früher vor allem "die gesellschaftspolitische Dimension des christlichen Glaubens" am Herzen gelegen habe, werde ihm heute die Frage immer dringlicher, "wie wir die Sprache, die Symbole und die Ausdrucksformen wiedergewinnen, mit denen unser Glaube in unserem persönlichen Leben, aber auch in unserer Welt sichtbar wird." Auch im Bildungsauftrag der Kirche sollte diese Dimension verstärkte Beachtung finden, wünschte sich Bischof Huber.

Hannover, 11. Juni 2004

Pressestelle der EKD
Silke Fauzi

Vortrag im Wortlaut