Auslandsbischof: „Soziale Kosten von Biotreibstoff beachten“

Mobilitätsinteressen dürften Hunger in der Welt nicht verstärken

Der Bischof für Ökumene und Auslandsarbeit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Martin Schindehütte, hat dazu aufgerufen, die ökologischen und sozialen Folgen der steigenden Nutzung von Pflanzen für die Energiegewinnung zu bedenken. Anlässlich der Reise der Bundeskanzlerin nach Lateinamerika und den derzeit stattfindenden Gesprächen zu einem deutsch-brasilianischen Energieabkommen sagte er am Donnerstag, 15. Mai, in Hannover: „Als evangelische Kirche setzen wir uns besonders für das Recht auf Ernährung für alle Menschen ein, das durch den Boom im Anbau der Agrartreibstoffe in Frage gestellt wird“.

In dem sich abzeichnenden Verteilungskonflikt, der bereits zu Hungeraufständen in einigen Ländern geführt habe, hätten die Bedürfnisse der Armen in den südlichen Ländern für ihn eindeutig Vorrang vor den Mobilitätsinteressen der Industriestaaten. Hier stünde die evangelische Kirche auf der Seite ihrer Partner in Brasilien, die ebenfalls in ihrem diakonischen Engagement und ihrer Entwicklungsarbeit die nachhaltige Produktion von Nahrungsmitteln durch Kleinbauern unterstützen und die dringende Notwendigkeit einer Landreform betonen. „Es darf nicht sein, dass der Treibstoff unserer Autos den Hunger und die Umweltzerstörung in Brasilien noch verschärft“, so Bischof Schindehütte. „Bekämpfung von Armut und Hunger ist für uns als Kirche eine zentrale Aufgabe, zu der wir uns durch die biblische Botschaft verpflichtet wissen.“

Er sei nicht grundsätzlich gegen eine Nutzung von Biomasse für die Energiegewinnung, betonte Schindehütte. Er spreche sich aber für eine klare soziale und ökologische Zertifizierung aus, die das Recht auf Ernährung an erste Stelle setze und die Nutzung von Biomasse an klare Nachhaltigkeitskriterien binde. Mit Sorge sehe er, ebenso wie die evangelischen Entwicklungswerke „Brot für die Welt“ und der Evangelische Entwicklungsdienst (eed), das Problem der globalen Nahrungsmittelkrise, das die Armut und den Hunger in vielen Ländern verschärfe. Diese Krise sei auch durch Maßnahmen der europäischen Agrarpolitik mit verursacht. So zerstörten die Exportsubventionen für die Agrarprodukte der westlichen Industriestaaten die lokale Nahrungsmittelproduktion in den südlichen Ländern und raubten den Bauern dort ihre Einkommensmöglichkeiten. Diese Subventionsmittel sollten vielmehr dafür eingesetzt werden, in den südlichen Ländern die regionale kleinbäuerliche Landwirtschaft zu stärken, sowie für humanitäre Aktionen zur Grundversorgung derer, die von der Ernährungskrise betroffen seien. Ein solches Vorgehen  entspräche auch den Forderungen der gerade stattfindenden internationalen UN-Konferenz für Biodiversität in Bonn.


Hannover, 15. Mai 2008

Pressestelle der EKD
Silke Römhild