Dankbar für den Staat des Grundgesetzes

Leitender Bischof der VELKD predigte im ökumenischen Festgottesdienst der ACK im Bonner Münster

„Sechzig Jahre Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, das ist für unser Land ein Grund stolz zu sein und für uns als christliche Kirchen ein Grund, Gott dankbar zu sein.“ Darauf hat der Leitende Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Landesbischof Dr. Johannes Friedrich (München), aufmerksam gemacht. Es sei keine Selbstverständlichkeit, in einem Staatswesen zu leben, in dem die Menschenrechte und die Religionsfreiheit gelten und in dem sich das Leben der Christen frei entfalten könne. Ein Blick auf die Verhältnisse in anderen Erdteilen bestätige das, sagte Friedrich im ökumenischen Festgottesdienst zum 60. Jahrestag der Verkündung des Grundgesetzes am 30. Mai im Bonner Münster, zu dem die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Bonn eingeladen hat.

Für evangelisches Denken sei der Staat nicht die böse Welt, sondern ein Gestaltungsraum für gelebtes Christstein, betonte der Leitende Bischof in seiner Predigt. Staat und Gesellschaft seien ein Ort, in dem Christen Verantwortung wahrnehmen und sich engagierten. Deutschland sei ein säkularer, kein christlicher Staat. Das Grundgesetz fördere das Zusammenleben von Christen und Nichtchristen, von Deutschen und Ausländern. Artikel 1 des Grundgesetzes, der die Würde des Menschen als unantastbar beschreibe, und die daraus folgenden Rechtsbestimmungen seien keine ideologische Festlegung, sondern ein Grundsatz, der dem christlichen Denken entstamme, aber für alle Menschen in Deutschland gültig und einsichtig sei. „Wir sollten in unseren ethischen Debatten über den Schutz des Lebens am Anfang und am Ende immer wieder auf diesen Grundsatz unseres Grundgesetzes rekurrieren“, empfahl Johannes Friedrich. Die Grundsätze von Toleranz und Demokratie, die im Grundgesetz festgeschrieben seien, ermöglichten dann die notwendige Gestaltung. Die Kirchen wie auch jeder einzelne Christ könnten sich in den gesellschaftlichen Diskurs einbringen. Zahllose evangelische Christinnen und Christen hätten in den zurückliegenden sechzig Jahren Staat und Gesellschaft mitgestaltet – sei es in führenden Ämtern, angefangen von Bundespräsidenten wie Walter Scheel, Gustav Heinemann, Richard von Weizsäcker, Johannes Rau und Horst Köhler, bis hin zu den Millionen von Ehrenamtlichen, von denen der soziale Zusammenhalt in Deutschland lebe. Das Engagement aus Verantwortung vor Gott und dem eigenen Gewissen als der geforderte Gottesdienst im Alltag der Welt, dies sei typisch evangelisch, unterstrich der Leitende Bischof.

Das Grundgesetz spreche in seiner Präambel die Verantwortung vor Gott offen aus und mache damit den Rahmen kenntlich, in dem alle konkreten Handlungsschritte erfolgten. Die Freiheit, derer wir uns erfreuten, gelte jedoch nicht schrankenlos. Sie sei von außen und von innen gefährdet – eine wertvolle Gabe, die in Verantwortung gepflegt werden müsse. „Wo Freiheit in Verantwortung wahrgenommen wird, da haben Mitgefühl und Barmherzigkeit Raum, nicht Selbstdurchsetzung um jeden Preis, sondern Demut und Sanftmut.“ Wer so mit Freiheit umgehe, führe sie nicht als Kampfparole gegen andere ins Feld. Liebe sei die Kraft, die Spirale von „Böses mit Bösem vergelten“ zu unterbrechen. „Diese Unterbrechungskraft der Liebe brauchen wir im Großen – wie sollen Palästinenser und Juden jemals friedlich miteinander leben können, wenn es diese Unterbrechungskraft nicht gibt? – wie im Kleinen, im zwischenmenschlichen Alltag“, so der bayerische Landesbischof.

Hannover, 30. Mai 2009

Udo Hahn
Pressesprecher