Huber: Debatte um Jugendkriminalität streift nur die Oberfläche

Vortrag zur Bedeutung christlicher Werte für die Gesellschaft

Die Themen Jugendstrafrecht, Familie und ethische Verantwortung von Wirtschaftsunternehmen seien aktuelle Beispiele dafür, „dass die Frage nach der Bedeutung christlicher Werte für die Zukunft unserer Gesellschaft eine verheißungsvolle Frage ist.“ Darauf wies der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, in einem Vortrag im Kloster Bronnbach bei Wertheim am Mittwoch, 23. Januar, hin.

Huber erklärte, die derzeitige Diskussion über eine Verschärfung des Jugendstrafrechts oder die Einführung eines „Warnschussarrestes“ streife nur die Oberfläche. „Tiefer kommt man erst, wenn man sich der Frage zuwendet, dass die Erziehung nicht stattgefunden hat, ohne die bei Jugendlichen kein Bewusstsein dafür entstehen kann, was sich gehört und was nicht.“ Es sei wahr, dass Jugendämter aufmerksam darauf achten müssten, wenn Kinder der Verwahrlosung ausgeliefert seien; die Vernachlässigung der regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen könne darauf möglicherweise einen Hinweis geben. „Aber noch stärker trifft es zu, dass Eltern für ihre Kinder eine Verantwortung haben, die sie an niemand anders delegieren können.“

Zugleich forderte Huber einen Paradigmenwechsel im Blick auf die Wertschätzung der Leistung, die Eltern durch die Erziehung von Kindern erbringen. Der demographische Wandel nötige dazu, das vierte der biblischen Zehn Gebote wieder zu entdecken: ‚Du sollst Vater und Mutter ehren’. „Im ursprünglichen Sinn des Gebots sind damit die alt gewordenen Eltern von Erwachsenen gemeint, die auf Ehre und Fürsorge in besonderer Weise angewiesen sind. Doch wir sollten bedenken, dass Dankbarkeit und Fürsorge in gleicher Weise auch aufgebracht werden sollten, wo es um die Gabe des Lebens, das Geschenk des Geborenwerdens, das Aufwachsen von Kindern geht. Das wir an dieser Stelle zu einem Paradigmenwechsel kommen, ist in meinen Augen eine der dringlichsten Aufgaben unserer Zeit.“

Zu der gesellschaftlichen Werteordnung, für die die christlichen Kirchen sich einsetzen, gehören auch Nachhaltigkeit und soziale Gerechtigkeit, betonte Huber. Die soziale Gerechtigkeit stehe unter dem Druck der Globalisierung, die auch stattfinde als ein Wettbewerb der Staaten und Regionen samt ihrer jeweiligen Bevölkerungen. „Unternehmen sind hier die Nachfrager, die über ihre Standortentscheidungen, Beschäftigung, Einkommen und Steueraufkommen großen Einfluss auf die internationale Verteilung von Ressourcen ausüben.“ Es sei nachvollziehbar, so der Ratsvorsitzende, dass eine ethische Orientierung und ein Verantwortungsgefühl für das Wohl der Belegschaft bei eigentümergeführten und mittelständischen Unternehmen besonders deutlich wahrzunehmen sei. „Doch das ist keineswegs ein Grund dafür, international agierende Großunternehmen von entsprechenden Erwartungen freizustellen. Im Gegenteil ist unternehmerisches Handeln auch hier daran zu messen, welche Konsequenzen es für die Fragen von Arbeit und Arbeitslosigkeit hat.“

Hannover, 23. Januar 2008

Pressestelle der EKD
Silke Römhild

Vortrag im Wortlaut