Abschied vom Zerrbild des Biedermeiers

Broschüre zum 200. Geburtstag von Eduard Mörike

Die Frage, ob Eduard Mörike der Biedermeier war, für den viele ihn halten, kann auch die neue Publikation der Arbeitsstelle für Gottesdienst der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) nicht abschließend beantworten. Zum 200. Geburtstag des schwäbischen Pfarrers und Dichters am 8. September ist der Band „Einer, der untröstlich blieb... Eduard Mörike 1804-2004“ mit Texten, Gottesdienstentwürfen und Vertonungen von Gedichten Eduard Mörikes erschienen.

Die biographischen Texte über Eduard Mörike von dem Heilbronner Prälaten Paul Dieterich, dem Archivdirektor der württembergischen Landeskirche Hermann Ehmer und des Theologieprofessors Manfred Josuttis bieten facettenreich unterschiedliche Betrachtungsweisen des Lebens eines Pfarrers, der mit 39 freiwillig aus dem Pfarrdienst geschieden ist. Der Literaturwissenschaftler Gerhard von Graevenitz und Pfarrer Reiner Strunk ergänzen die biographischen Überlegungen mit Antworten auf Fragen nach der Lyrik und der Spiritualität Mörikes.

Gedichte Mörikes und die darin versteckte Theologie interpretieren der katholische Theologe Karl-Josef Kuschel, der evangelische Theologe Joachim Ringleben und der katholische Religionspädagoge Georg Langenhorst. Mit eigenen lyrischen Texten antworten Henning Ziebertzki, Thomas Rosenlöcher, Hugo Dittberner und Heinz Kattner. Neue Vertonungen drei seiner Gedichte bieten Jochen Arnold, Wolfgang Teichmann und Fritz Baltruweit. Den Abschluss der 116 Seiten starken Broschüre bilden Impulse für den Einsatz von Texten des schwäbischen Pfarrers und Dichters für gottesdienstlichen und pfarramtlichen Gebrauch mit Texten des Professors für Praktischen Theologen Albrecht Grözinger sowie Gottesdienstentwürfe von Lutz Friedrichs und Brigitte Müller. Kreative Zugänge zu Eduard Mörike suchen Elke Helma Rothärmel und Marcus A. Friedrich.

Deutlich wird in all den – lesenswerten – Texten: Das Bild des Biedermeiers Eduard Mörike, der mit langer Pfeife im Kreis seiner Familie unpolitisch und zurückgezogen gelebt habe, um schöne Verse zu schreiben, ist ein Zerrbild. Sichtbar wird das Bild eines Pfarrers und Dichters, der mit seinem Beruf ringt und dessen scheinbare Idylle an einem dünnen Faden über dem ständigen Abgrund hängt. Er sei „untröstlich“ geblieben, wird Peter Härtling zitiert und seine Gedichte seien ein „Spiel mit zerbrechlichen Bildern“, in dem zwischen aller Eleganz das Abgründige sichtbar werde. Manfred Josuttis schreibt in seiner pastoraltheologischen Betrachtung der Auseinandersetzung Mörikes mit seinem Beruf als Pfarrer und mit seiner eigenen Spiritualität eine hohe Aktualität zu.

Hannover, 14. Juli 2004

Pressestelle der EKD
Christof Vetter

Hinweis:
Das Heft „ Einer, der untröstlich blieb... Eduard Mörike 1804-2004 der Arbeitstselle Gottesdienst der EKD (Heft 01/2004, 18. Jhahrgang, ISSN 1619-4047) kann bestellt werden bei: Gemeinsame Arbeitsstelle für gottesdienstliche Fragen der EKD, Herrenhäuser Straße 12, 30419 Hannover, Fax: 0511/2796-722.