Bischof Huber: Gerechtigkeit gemeinsam gestalten

Aufgaben möglichst schnell und umfassend angehen

Menschliche Beziehungen und gesellschaftliche Verhältnisse sind gerecht, wenn sie solidarisch, unterstützend und nachhaltig organisiert sind. Das schreibt der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, in einem Beitrag "Was ist heute gerecht?" für die Februarausgabe der Zeitschrift "Vorwärts" (Berlin). Der Inhalt von Gerechtigkeit sei nicht "naturrechtlich vorgegeben, sondern muss gemeinsam gestaltet werden", so Bischof Huber.

Alle Menschen seien gleichermaßen Gottes Ebenbilder und als Geschwister in "eine verpflichtende Gemeinschaft untereinander gestellt", so die Überzeugung des Ratsvorsitzenden. Solidarität meine den Zusammenhalt von Menschen bei der Bewältigung von gemeinschaftlichen und individuellen Belastungen. In einer solidarischen Gesellschaft gehe es darum, die "Balance zwischen Reichen und Armen, zwischen Starken und Schwachen" zu suchen. Das bedeute keine Gleichmacherei, sondern meine, die eigenen Kräfte zu stärken, Lebensrisiken gemeinsam zu tragen und dafür zu sorgen, dass "die Schwachen ein menschenwürdiges Leben führen können".

Diese Balance sei in Deutschland teilweise "schon deutlich strapaziert", außerhalb Deutschlands oder gar Europas nicht einmal ansatzweise vorhanden. Die internationale Solidarität und die Annäherung an Gerechtigkeit in der Welt dürften als zentrale Aufgaben nicht in Vergessenheit geraten. Das christliche Menschenbild betone die unantastbare Würde eines jeden Menschen. "Aus ihr heraus wachsen das unaufgebbare Recht und damit aber auch die Pflicht, das eigene Leben soweit wie möglich selber zu gestalten und selber zu verantworten", so der Ratsvorsitzende Bischof Huber. Wenn diese Pflicht und dieses Recht an ihre Grenzen stießen, dann sei unterstützend die solidarische Verantwortung füreinander erforderlich.

Auch der Gedanke der Nachhaltigkeit sei ein christliches Anliegen. In der Verantwortung vor Gott sei der Mensch dazu aufgerufen, ein Leben zu führen, das er vor den Mitmenschen, der gesamten Schöpfung und den kommenden Generationen verantworten kann. Die Frage, "wie können wir unseren Lebensstil und insbesondere unsere sozialen Sicherungssysteme so gestalten, dass sie das Kriterium der Nachhaltigkeit erfüllen?", sei eine der wichtigsten Herausforderungen für die aktuelle Diskussion in Deutschland. Angesichts der älter werdenden Gesellschaft in Deutschland müssten die damit verbundenen "Gestaltungsmöglichkeiten möglichst schnell und umfassend" angegangen werden.


Hannover, 2. Februar 2004
Pressestelle der EKD
Anita Hartmann

Der Text im Wortlaut