Mehrdimensionales Bild vom Staat in den Blick nehmen

Wolfgang Huber beim Symposium anlässlich des 60. Geburtstags von Präses Nikolaus Schneider

Der Staat werde zu Beginn des 21. Jahrhunderts nicht mehr als „gesellschaftsunabhängige Hoheitsmacht“ verstanden, sondern „ist eine politische Selbstorganisation der Gesellschaft“, die für Recht und Frieden zu sorgen und eine Wohlfahrtsfunktion auszuüben habe. Diese Differenz zu Entstehungszeit der Barmer Theologischen Erklärung 1934 erläutert der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Wolfgang Huber, bei dem Symposium anlässlich des 60. Geburtstags des rheinischen Präses Nikolaus Schneider am Montag in Düsseldorf. So müsse die evangelische Kirche – wie es der Titel des Symposiums sagen – „mit Barmen über Barmen hinaus,“ interpretierte Wolfgang Huber. Dies sei zudem die angemessene Perspektive Nikolaus Schneider zu danken, zu ehren und für eine nächste Wegstrecke zu ermutigen.

Die fünfte These der Barmer Theologische Erklärung, die 1934 von der Bekennenden Kirche im Widerstand zum Absolutheitsanspruch des Nationalsozialismus formuliert wurde, sei geprägt von einem „statischen Modell des Gegenübers von Staat und Kirche“. Dies müsste angesichts des heutigen mehrdimensionalen Bildes vom Staat erweitert werden,  schlägt der Ratsvorsitzende vor, die „Vereinten Nationen sollten als eine Form von ‚Staat’ anerkannt und unterstützt werden. Außerdem müsse eine theologische Ethik des öffentlichen Bereichs die ungleich größere Bedeutung in den Blick nehmen, die im Jahr 2007 im Vergleich zu 1934 der Gesellschaft eingeräumt werde. Der Staat müsse nach Barmen V für Recht und Frieden sorgen, das ist nach Ansicht von Wolfgang Huber zwar richtig nicht genug: „Darüber hinaus ist auch die Aufgabe des modernen Sozialstaats zu nennen, seine Wohlfahrtsfunktion auszuüben.“

Evangelisch Ethik habe über Barmen V hinaus nach „der Weiterentwicklung politischer Institutionen und nach der Stärkung politischer Beteiligungsbereitschaft“ zu fragen und müsse sich der Lebensmöglichkeit künftiger Generationen zuwenden.

Hannover/Düsseldorf, 3. September 2007
Pressestelle der EKD

Christof Vetter