Wissenschaft und Gottesglauben: unterscheiden und zusammenhalten

Wolfgang Huber zu 50 Jahre „FEST“ in Heidelberg

„Wissenschaft und Gottesglaube“ gehören notwenig unterschieden und genauso notwendig zusammen, führt der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, in einem Festvortrag anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft (FEST) in Heidelberg aus. Mit dem Dialog zwischen beiden sei die Aufgabenstellung der FEST klar umrissen, sagte der Ratsvorsitzende, der selbst zwölf Jahre an der FEST gearbeitet hat und seit über 40 Jahren mit der evangelischen Forschungsstätte verbunden ist. „Zwischen dem heute verfügbaren, stets für bessere Einsicht offenen Wissen über die Entstehung der Welt und des Lebens sowie der sinnstiftenden, für neue Interpretationen offenen Deutung des Lebens aus der Perspektive des christlichen Glaubens ist wissenschaftlich wie bildungstheoretisch deutlich zu unterscheiden,“ nimmt der Ratsvorsitzende in seinem Vortrag die aktuelle Debatte um ein kreationistisches oder ein naturwissenschaftliches Verständnis der Schöpfung auf.

Nach Hubers Ansicht treffen weder die Angriffe des Atheismus auf den Schöpfungsglauben noch die im Namen des christlichen Glauben vorgebrachten Angriffe auf die Evolutionstheorie die jeweils andere Seite im Kern. Eine sachgemäße, und deshalb notwendige Kritik an problematischen Auslegungsformen des Schöpfungsglaubens auf der einen und der Evolutionstheorie auf der anderen Seite seien allerdings erst möglich, wenn die Debatte um die falsche Alternative zwischen den beiden Seiten befreit sei. Der Neigung zu einem Fundamentalismus auf beiden Seiten werde erst dann zu widerstehen sein, wenn den fundamentalen Fragen des Weltverständnisses und des Weltverhältnisses nicht ausgewichen werde, argumentiert Huber. Dazu brauche es die Begegnung und den Dialog zwischen Wissenschaft und Gottesglaube, wie er an der FEST gepflegt werde.

Die Zusammengehörigkeit von Wissenschaft und Gottesglaube habe von Anfang an ein bestimmtes Merkmal des Protestantismus gebildet, führt der Ratsvorsitzende in seinem Festvortrag aus. Auch das reformatorisch geprägte Christentum habe die Ambivalenz der Aufklärung ebenso erfahren wie erlitten. Aus dieser Erfahrung und dem in der Aufklärung entstandenen Dualismus „musste und muss immer wieder die Freiheit des christlichen Glaubens nicht nur verteidigt, sondern auch erneuert werden, die sich auch als die Freiheit dazu zeigt, sich seiner Vernunft zu bedienen.“ Zu dieser Freiheit gehöre es auch, sich der Endlichkeit der Vernunft bewusst zu werden und zu erkennen, dass auch der Kult der Vernunft eine Form des Götzendienstes ist.

Hannover / Heidelberg, 18. Juni 2008

Pressestelle der EKD
Christof Vetter

Vortrag des EKD-Ratsvorsitzenden im Wortlaut