Auf dem Weg der Versöhnung zwischen den Christen in Europa

Thema: Das Licht Christi scheint auf alle Menschen

Den ökumenischen Pilgerweg der Dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung (3. EÖV) nach Sibiu / Hermannstadt in Rumänien im September 2007 eröffneten 156 Delegierte mit einem ersten Treffen in Rom in der vergangenen Woche. Die Vertreterinnen und Vertreter kamen aus 43 Ländern, aus 40 Kirchen, von 34 Bischofskonferenzen, 25 Nationalen Kirchenräten und christlichen Gemeinschaften. Von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) waren unter anderem die Landesbischöfin aus Hannover, Margot Käßmann und die für die europäische Ökumene zuständige Oberkirchenrätin aus dem Kirchenamt der EKD, Antje Heider-Rottwilm dabei. Sie berichten am heutigen Montag von der Konferenz, die von der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) und dem Rat Europäischer Bischofskonferenzen (CCEE) veranstaltet wurde. Die Versammlung sei als ökumenischer Pilgerweg in vier Stationen von Rom in die verschiedenen Länder Europas über die Lutherstadt Wittenberg nach Sibiu zu verstehen.

In seiner Begrüßung habe der Präsident der CCEE, Amédée Grab, Graz, als Gastgeber die Bedeutung der Charta Oecumenica unterstrichen. Die darin benannten grundlegenden ökumenischen Aufgaben, Leitlinien und Verpflichtungen bilden die Agenda für den Prozess der 3.EÖV und sollen auf allen Ebenen des kirchlichen Lebens eine ökumenische Kultur des Dialogs und der Zusammenarbeit fördern.

Unter der Überschrift „Zeichen des Lichtes Christi in Europa“ wurde etwas von der Vielfalt der ökumenischen Schritte auf verschiedenen Ebenen des kirchlichen Lebens deutlich: Über die Erfahrungen der Gemeinschaft in Taizé (Frère Alois), die Bedeutung der Migrantengemeinden für die Kirchen in Europa (Doris Peschke, Churches Commisssion for Migrants in Europe), bis zur Erinnerung an die Ikone der „Neuen Märtyrer“, die in der Basilika San Bartolomeo in Rom durch die Gemeinschaft Sant´Egidio entstand. Sie erinnert als ökumenisches Zeichen des Gedenkens auch an Menschen wie Paul Schneider und Dietrich Bonhoeffer.

In den Vorträgen von Landesbischöfin Margot Käßmann und Kardinal Walter Kasper wurde die ökumenische Situation in Europa , die Verständigungen und Irritationen, vor allem aber die „Irreversibilität“ der Schritte auf dem Weg zur Einheit benannt. So stellte Margot Käßmannn  fest: „Wir müssen dringend für mehr Gerechtigkeit in Europa aktiv eintreten, weil wir uns als Schwestern und Brüder sehen.“ Deshalb seien die Kirchen in Europa gefordert, ein glaubwürdiges Zeugnis des Miteinander und der Solidarität von Nord und Süd zu geben. Die hannoversche Landesbischöfin, die auch Mitglied des Rates EKD ist, hat große Erwartungen an die 3. EÖV: „Vielleicht folgt auf das Jahrhundert der Ökumene erst einmal Ernüchterung: wir werden verschieden bleiben. Hoffentlich aber folgt auch das tiefe Bewusstsein der Gemeinschaft: in der Nachfolge sind wir so vielfältig wie die ersten Jüngerinnen und Jünger von Susanna bis Petrus, von Paulus bis Lydia. Dass Gottes Geist die Kirchen Europas mit der Kraft erfüllt, dafür gemeinsames Zeugnis abzugeben, davon bin ich überzeugt. Die Dritte Europäische Ökumenische Versammlung kann ein gewichtiges Zeichen dafür setzen.

Eine zentrale Frage in der Diskussion richtete sich darauf, was das ökumenische Modell der versöhnten Verschiedenheit konkret bedeute – erträgt es die Verschiedenheit einander widersprechende Positionen oder ist es auf komplementäre Positionen zu begrenzen, insbesondere im Blick auf die Fragen der Ekklesiologie, des Amtes und der Ethik? Kardinal Cormac Murphy-O´Connor, Erzbischof von Westminster, benannte drei Hindernisse der Ökumene: das gegenseitige Misstrauen, die Trägheit und die Ungeduld und unterstrich: „Im ökumenischen Dialog entdecken wir die Wahrheit der Anderen als unsere eigene Wahrheit.“ Metropolit Daniel von Moldavien und Bukovina entwickelte eine Vision der Ökumene, die in dem trinitarischen Verständnis von Einheit in Vielfalt wurzelt

Die Begegnungen mit Papst Benedikt XVI setzten ein besonderes ökumenisches Zeichen auf diesem Weg. In einer Audienz dankte der Papst dafür, dass sich die Kirchen Europas mit der 3.EÖV wieder auf einen Prozess der Versöhnung einlassen. In der Vesper, die von Papst Benedikt XVI anlässlich des Abschlusses der Gebetswoche für die Einheit der Christen am 25. Januar zelebriert wurde, begrüßte er die Delegierten und unterstrich: „Wir haben einen solch langen Weg zu gehen. Aber lasst uns nicht entmutigt werden, vielmehr lasst uns mit noch größerem Energie beginnen. Wir können auf Gottes verlässliche Gegenwart zählen, demütig und unermüdlich. Wir bitten ihn um das kostbare Geschenk der Einheit und des Friedens.“

Ein Abend in der evangelisch-lutherischen Christusgemeinde in Rom gab die Möglichkeit zur Andacht und Begegnung mit Vertreterinnen und Vertretern der evangelischen Kirchen in Italien und Wahrnehmung ihrer Chancen und Probleme als Minderheitenkirche, deren Zahl insbesondere durch die Migrantinnen und Migranten aus allen Teilen der Welt wächst.

In einem zum Abschluss formulierten Brief, der von der Versammlung an die Gemeinden und Kirchen in Europa gerichtet ist, werden alle Christinnen und Christen eingeladen, sich mit ihren Möglichkeiten an diesem Prozess zu beteiligen. Damit wird nun die zweite Phase auf dem Pilgerweg beginnen. Sie soll in alle Länder Europas führen und in Begegnungen auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene ihren Ausdruck finden. Christen und Christinnen in ganz Europa sind eingeladen, insbesondere über sechs für die Gestaltung Europas zentrale Themenbereiche Perspektiven zu entwickeln. Diese Themen - Ökumene, Europa, Migration, Umwelt, Interreligiöser Dialog, Globalisierung - werden auch die Schwerpunkte für die Versammlung in Sibiu sein.

Die etwa 2500 Delegierten und Gäste, die 2007 aus den verschiedenen Kirchen und Ländern in Sibiu erwartet werden, sollen in einem gemeinsamen ökumenischen Prozess benannt werden, alle Ebenen kirchlichen Lebens repräsentieren und als Botinnen und Boten die Arbeitergebnisse und Impulse der regionalen Treffen weitertragen. Während der eher von der römisch-katholischen Tradition Europas geprägten Versammlung in Rom wurde die Einladung an die Delegierten zu der nächsten europäischen Vorversammlung in die Lutherstadt Wittenberg vom 15. bis 18. Februar 2007 ausgesprochen, die dort auf Einladung der EKD zusammen mit den deutschen Mitgliedkirchen von KEK und CCEE vorbereitet wird.

Hannover, 30. Januar 2006

Pressestelle der EKD
Christof Vetter

Nachfolgend der Wortlaut des Briefes:

A letter to the Christians of Europe

"The Light of Christ shines upon all"

Dear sisters and brothers in Christ throughout Europe,

Grace and peace to you all!

As representatives of Churches, bishops’ conferences, movements and ecumenical organisations, we have travelled from 44 countries to Rome, where we met from 24th to 27th January 2006, during the week of prayer for Christian unity. We shared in prayer and reflection, and launched the process of the Third European Ecumenical Assembly (EEA3).

Having committed ourselves to a common journey, we have sought to build mutual trust and understanding by working and praying together. We have also endeavoured to foster a spirituality that is rooted in God's Word. Through prayer and action, we hope to engender renewed enthusiasm for our ecumenical journey. We have been encouraged to turn to the one God – Father, Son and Holy Spirit – who is the source of communion / koinonia and love.

Every Christian is warmly invited to join this pilgrimage of hope, and to give common testimony by walking with Christ in order to discover a new vocation for Europe. Our continent has taken great steps forward politically and culturally, and yet exploitation, exclusion, oppression and violence are still enormous obstacles on our way. In this context we seek inspiration in our theme: "The Light of Christ shines upon all. Hope for renewal and unity in Europe". We seek to be faithful in a new European context, where faith is often marginalised. Our task will be illuminated through the love of Christ and the power of the Holy Spirit, who heals the wounds of humanity.

We encourage our fellow Christians to engage with the agendas of the European institutions as they, too, work to bring justice and hope to our continent. The light of Christ will help us all to work for reconciliation and unity in our divided world.

There are many ways to be involved in the third European Ecumenical Assembly. The second stage has just begun. You can

start by praying for this ecumenical journey.

join in celebrations and meetings in most countries across Europe.

visit the internet site (www.eea3.org)  to enable you to know exactly what is happening and to provide you with ideas, documents and other resources

encourage others to contribute ideas

share the projects in which you are involved.

The third stage in the process will be a gathering in Lutherstadt-Wittenberg in Germany, in February 2007. This meeting will gather the fruits of the various national and regional events, and will contribute to the assembly in Sibiu, Romania, in September 2007

The third European Ecumenical Assembly builds on two others, which took place in Basel in 1989 and in Graz in 1997, and on the Charta Oecumenica, signed in Strasbourg in 2001 (www.ccee.ch and www.cec-kek.org ). It is not an end in itself, but one stage in the response European Christians have made to Christ's prayer "that they may all be one" (John 17.21). At the solemn celebration of vespers at the end of the week of prayer for Christian Unity in 2006, Pope Benedict XVI acknowledged that “we have such a long way to go! But let us not be discouraged; rather, let us start out again together with greater vigour. We can count on Christ’s unfailing presence; humbly and tirelessly, we beg Him for the precious gift of unity and peace”.

Let us join together on this journey!