Ein Grund Gott zu loben

Wolfgang Huber zu 50 Jahren Telefonseelsorge

„Die anonyme Vertraulichkeit vor Gottes Ohr ist die Stärke der Arbeit der Telefonseelsorge“, sagte Bischof Wolfgang Huber, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) anlässlich des Jubiläums „50 Jahre Telefonseelsorge“. Die Telefonseelsorge in Deutschland, das ökumenische Beratungs- und Seelsorgeangebot der evangelischen und katholischen Kirche, feierte am 16. September 2006 mit einem ökumenischen Gottesdienst im Berliner Dom und einem Festakt in der Hauptstadtrepräsentanz der Deutschen Telekom AG ihr dieses Jubiläum. „Seit einem halben Jahrhundert bildet die Telefonseelsorge in Deutschland eine wichtige Form kirchlicher Seelsorge. Seit einem halben Jahrhundert ist sie ein markantes Beispiel ökumenischer Zusammenarbeit. Seit einem halben Jahrhundert ist sie ein herausragendes Feld ehrenamtlichen Engagements.“ Das alles sei ein Grund Gott zu loben, so der Ratsvorsitzende.

Hannover / Berlin, 15. September 2006

Pressestelle der EKD
Christof Vetter


Wortlaut des Grußwortes:

Bischof Dr. Wolfgang Huber, Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland

Grußwort zum fünfzigjährigen Jubiläum der Telefonseelsorge

Berlin, 16. September 2006

Seit einem halben Jahrhundert bildet die Telefonseelsorge in Deutschland eine wichtige Form kirchlicher Seelsorge. Seit einem halben Jahrhundert ist sie ein markantes Beispiel ökumenischer Zusammenarbeit. Seit einem halben Jahrhundert ist sie ein herausragendes Feld ehrenamtlichen Engagements. Das alles ist ein Grund, Gott zu loben und all denen zu danken, die diese Arbeit tragen. Für die evangelische Kirche organisiert und verantwortet das Diakonische Werk der EKD dieses Arbeitsfeld. Allen in der Diakonie Verantwortlichen gilt mein besonderer Dank.

Seelsorge, so ist von einer klugen Frau gesagt worden, ist die „Muttersprache der Kirche“. Sie ist die grundlegende Form, Menschen die Gnade Gottes nahe zu bringen, die jeder und jedem gilt. Telefonseelsorge ist ein besonders eindrückliches Zeichen dafür, dass niemand von dieser Gnade ausgeschlossen ist. Wer auf einmal nicht mehr weiter weiß, findet bei der Telefonseelsorge einen Ansprechpartner. Die Menschen wissen, dass sie hier in Notlagen und Krisen verlässliche und weiterführende Hilfe erwarten können. Diese Form der Seelsorge ist gefragt und wird gebraucht. In dem Wissen, dass Gottes Gnade sich an „alles Volk“ richtet, nehmen sich Seelsorgerinnen und Seelsorger Zeit zum Zuhören. Sie versuchen das in Worte zu fassen, was einen Menschen bewegt. Seelsorge bringt Menschen in eine bewusste Auseinandersetzung mit der eigenen Lage. Wo sich einer vor einem Zuhörer und vor Gott Rechenschaft über das Eigene abgibt, dort kann er sich und sein Handeln neu orientieren.

Das Gespräch durch das Telefon ist vertraulich und anonym. Es muss für jeden, der anruft, gewiss und sicher sein, dass niemand sonst die Inhalte des Gesprächs erfährt. Die anonyme Vertraulichkeit vor Gottes Ohr ist die Stärke der Arbeit der Telefonseelsorge. Sie hat den Weg von der "Ärztlichen Lebensmüdenbetreuung", die vor fünfzig Jahren von Klaus Thomas hier in Berlin gegründet wurde, hin zur modernen Telefonseelsorge in Deutschland zu einer Erfolgsgeschichte kirchlicher Arbeit werden lassen. Es ist von großer Bedeutung, dass auch angesichts neuer Herausforderungen und rechtlicher Problemlagen die Unantastbarkeit des seelsorgerlichen Geheimnisses auch in der Telefonseelsorge gesichert bleibt.

Das Telefon konzentriert ganz auf die Stimme des Gegenüber; doch in ihrem Klang oder im Schweigen lässt sich der ganze Mensch hören. Frauen und Männer unterschiedlichen Alters werden zu Seelsorgerinnen und Seelsorgern; Telefonseelsorge ist häufig weiblich: Es sind in der überwiegenden Zahl Frauen, die sich dieser Aufgabe stellen und ihre Fähigkeit zur Empathie einbringen. Sie öffnen sich den Sorgen und Nöten ihrer Mitmenschen und sorgen so für die Seele.

Dieses Sorgen muss gelernt werden. Die große Zahl von über siebentausend Ehrenamtlichen in der Telefonseelsorge wird von einem kleinen Kreis von Hauptamtlichen weitergebildet und unterstützt. Ohne diese fachkundige Begleitung wäre diese Arbeit nicht möglich. Den Hauptamtlichen wie den Ehrenamtlichen danke ich aus Anlass des Jubiläums sehr herzlich. Beim fünfzigjährigen Jubiläum der Telefonseelsorge gilt unsere Zusage den Menschen, die Rat suchen: sie sollen auch weiterhin verlässliche Ansprechpartner finden. Und unser großer Dank gilt den ehrenamtlichen wie den hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: Ihr verlässlicher Dienst am Mitmenschen ist ein Beispiel praktizierter Nächstenliebe, das in unsere Gesellschaft ausstrahlt und Mut macht.

Editorial zur Arbeit der Telefonseelsorge

Zur ökumenischen Telefonseelsorge