"Man lasse die Geister aufeinander platzen..."

Die Talkshow "Tacheles - Talk am roten Tisch" wird fünf Jahre alt

Am 19. Oktober 1999 erlebte die hannoversche Marktkirche eine ungewöhnliche Premiere. Heftiger Applaus, Buh- und Bravo-Rufe begleiteten die erste Ausgabe von Tacheles - Talk am roten Tisch zum Thema "Arbeit rund um die Uhr, den Sonntag abschaffen?" Die Fernsehtalkshow der evangelischen Kirche blickt jetzt auf fünf Jahre streitbarer Debatten zurück.

Sechsmal im Jahr verwandelt sich Hannovers größte Kirche, die gotische Marktkirche, in ein Fernsehstudio. „Tacheles – Talk am roten Tisch“ ist die Diskussionsreihe der evangelischen Kirche, die öffentlich stattfindet und seit fünf Jahren auf PHOENIX ausgestrahlt wird, dem Ereignis- und Dokumentationskanal von ARD und ZDF.

Bei Tacheles stritten der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, der tschechische Botschafter Boris Lazar, die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, und Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer über die deutsch-tschechische Versöhnung und die Wunden der Vertreibung, schilderte der Publizist Peter Scholl-Latour Eindrücke aus dem Irak, forderte der Fernsehpfarrer Jürgen Fliege eine „Kirche zum Anfassen“ und bekannte in der Bildungsdebatte Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff, dass er in der Schule sitzen geblieben ist.

Für Bernd Merz, den Rundfunkbeauftragten des Rates der EKD, ist Tacheles ein Erfolgsmodell. „Tacheles hat sich bundesweit zu einer klar positionierten Talkshow der evangelischen Kirche entwickelt."

Seit 2003 sendet NDR Info, der Informationskanal des Norddeutschen Rundfunks, jeweils eine Zusammenfassung im Radio. „Die Talkshow Tacheles greift aktuelle Themen auf, die die Menschen bewegen", so der NDR-Chefredakteur für den Hörfunk und Programmchef von NDR Info, Joachim Knuth. „Tacheles liefert Hintergrund-informationen und kontroverse Meinungen zum Zeitgeschehen. Das passt gut zum Profil von NDR Info."

Februar 2003: Der alte Mann redet sich in Rage. „Ich bin mit dem halben Hintern aus Dresden herausgekommen, ich habe Häuser in Flammen aufgehen sehen, kleine Kinder sind verbrannt.“ Tränen füllen seine Augen, als er ruft: „Und ihr wollt schon wieder Krieg machen?“ Zum Irak-Konflikt kommt auch das Publikum kommt zu Wort. Nachdenklich antwortet der CDU-Politiker Wolfgang Schäuble am roten Tisch, wie skeptisch er die Chancen für einen nachhaltigen Frieden im Nahen Osten sieht. Landesbischöfin Margot Käßmann mahnt, sich weiter um Vermittlung zu bemühen. Auch die Grünen-Politikerin Angelika Beer und der amerikanische Journalist Don Jordan diskutieren mit.

Mehr als zwei Millionen Menschen – einschließlich der Zuschauerinnen und Zuschauer, die nur zeitweise zugeschaltet waren – sehen die Sendung bei PHOENIX, die mehrfach ausgestrahlt wird. Als „ambitionierte Gesprächssendung“ ist Tacheles im ARD-Jahrbuch
vermerkt. Im Internet-Angebot Tacheles online (http://www.tacheles.net/) gehen mehr als tausend Zuschauerzuschriften ein. Dazu schreibt „Der Spiegel“ in seiner Online-Ausgabe: „Erst kürzlich musste Vizefraktionschef Wolfgang Schäuble in der protestantischen Marktkirche in Hannover erleben, welche Emotionen das Thema entfacht.“ Selbst die holländische Zeitung „Trouw“ berichtet.

Prominente aus Kirche, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur reden seit 1999 in Hannover Tacheles miteinander. Finanziert wird die Debattenreihe von der EKD und der Klosterkammer Hannover. Als Veranstalter fungiert die Evangelische Radio- und Fernsehkirche im NDR. Tacheles - Talk am roten Tisch setzt auf eine Streitkultur, die ohne verbale Tiefschläge, aber in der Sache scharf und kontrovers auf eine Klärung brisanter Streitfragen zielt. Schließlich war schon Martin Luther ein Freund deftigen Streits: „Man lasse die Geister aufeinander platzen..."

Moderatoren sind die Fernsehjournalistin Hanna Legatis und Pastor Jan Dieckmann. Hanna Legatis, Leiterin des NDR-Studios Osnabrück und langjährige Moderatorin, sieht in Tacheles „eine Riesenchance, Menschen zu klar formulierten Aussagen zu bringen“. Jan Dieckmann, Leiter der Radio- und Fernsehkirche im NDR, will Streit entzünden, wo sich Selbstgewissheit breit mache: „Die Kirche muss stärker werden im Dialog."

Verantwortlicher Redakteur der Sendereihe ist Thomas Hestermann vom Evangelischen Kirchenfunk Niedersachsen (ekn TV). Mit seinen Kolleginnen Kerstin Kipp und Frauke Josuweit plant er die Themen, bereitet die Moderation vor und wählt die Gäste aus – Prominente, Experten und Betroffene.

Mehr dazu im Internet unter http://www.tacheles.net/ oder direkt von der Redaktion Tacheles c/o Evangelischer Kirchenfunk Niedersachsen, Knochenhauerstraße 38-40, 30159 Hannover, Tel. (0511) 36 06 99-41, Fax 1241-979, Email redaktion@tacheles.net

Im Internet finden Sie auch Informationen zum Tacheles-Medienkongress am 2. und 3. November in Hannover: "Die Medien und das Spiel mit dem Tabu – sind wir hungrig auf Gewalt?"

Hannover, 18. Oktober 2004

Pressestelle der EKD
Silke Fauzi