Protestantismus und Kultur – Einsichten

Teilband des Kirchlichen Jahrbuchs dokumentiert Konsultationsprozess

Die evangelische Kirche verstehe sich als Teil der Kultur. Diese Teilhabe fordere vor allem einen eigenen, unverwechselbaren Beitrag. Dies sei eines der Ergebnisse des Konsultationsprozesse „Protestantismus und Kultur“, den die EKD zwischen 1999 und 2002 durchgeführt hat. Die Auswertung zum Konsultationsprozess „Protestantismus und Kultur“ ist als Buch erschienen. Mit dem programmatischen Untertitel „Einsichten eines Konsultationsprozesses“ werden die mehr als 300 schriftlichen Einsendungen einsehbar und die gründliche Selbstverständigung evangelischer Christen über Themen der Kultur nachvollziehbar. Die Autoren Petra Bahr und Klaus-Dieter Kaiser führen die vielfältigen Stimmen der Beteiligten zu einem Gespräch zusammen, das immer wieder auch kontroverse Züge hat. Der 174 Seiten starke zweite Teilband des Kirchlichen Jahrbuches erscheint im Gütersloher Verlagshaus und ist zum Preis von 23,50 Euro im Buchhandel erhältlich.

Mit diesen Einsichten in den Konsultationsprozess eröffne sich in das kulturelle Engagement der Kirchen hinein mit den verschiedenen Gestaltungsformen ein weiter „Raum der Begegnung“. Mit diesen Worten war die Denkschrift überschrieben, die Ergebnis des Konsultationsprozesses war. In dem nun erscheinenden zweiten Teil des Kirchlichen Jahrbuches haben Erfahrungsberichte über konkrete Projekte mit Künstlern ebenso ihren Ort wie das grundsätzliche Nachdenken über die Verhältnisbestimmung von Kirche und Kultur. Berücksichtigt seien auch aktuelle ästhetische und theologische Diskussionen aufgenommen, beschreibt die Autorin Petra Bahr den Inhalt: Das Thema „Bildende Kunst und Religion“ stehe neben der Auseinandersetzung um tragfähige Bildungskonzepte, die Frage nach dem Umgang mit ungenutzten Kirchgebäuden flankiere die Frage, wie viel Unterhaltung der christliche Gottesdienst brauche. Historische Rückbesinnung begleite kirchenkulturpolitische Vorschläge.

Protestantische Selbstkritik fehlt bei so viel dokumentiertem Gestaltungswillen nicht: Eine kulturvergessene Theologie oder schlicht Zaghaftigkeit und ein milieuverengter Blick, so die Diagnose der Beiträge, haben „Kultur“ lange zu einem Nischenthema für die Kirchen werden lassen. Wie sehr „Kultur“ nun aus den Nischen in die Mitte dränge, dokumentieren die 174 Seiten: Als Aufbruch seien vor allem die Stellungnahmen von Landeskirchen zu werten, die ihre Kulturarbeit neu strukturieren und offensiv gestalten. Das gemeinsame Anliegen in der scheinbaren Unverbundenheit der Zugänge und Fragen, die lose über den elastischen Begriff der Kultur zusammengehalten werden, trete deutlich hervor: Das „Und“ zwischen Kirche und Kultur sei ein qualifiziertes „Und“, wechselseitig aufeinander verwiesen und nicht durch eine verkappte Opposition geprägt, fasst Petra Bahr zusammen. Die evangelische Kirche versteht sich als Teil der Kultur. Diese Teilhabe schließt Kritik an kulturellen Erscheinungen nicht aus, sondern qualifiziert sie erst, fordert aber vor allem einen eigenen, unverwechselbaren Beitrag. Die Vielstimmigkeit der Beträge mag bisweilen auch Dissonanzen hörbar machen, die dem innerprotestantischen Pluralismus geschuldet seien, letztlich intonieren die Stimmen jedoch einen Gesamtklang, wenn es darum geht, sich der Verantwortung für die Kultur bewusst zu werden und in Zukunft deutliche Akzente der Gestaltung im Gespräch mit Künsten und Kulturorganisationen zu setzen.

Hannover / Berlin, 25. Oktober 2004

Pressestelle der EKD
Christof Vetter

Hinweis:
Petra Bahr und Klas-Dieter Kaiser, Protestantismus und Kultur. Einsichten eines Konsultationsprozesses. Kirchliches Jahrbuch 2001. 128. Jahrgang, Lieferung 2, hrsg. von Hermann Barth, Wolf-Dieter Hauschild, Martin Kramer und Harald Schultze, Gürtersloh 2004, ISBN 3-579-01627-X / ISSN 0075-6210, Preis: 23,50 Euro.