"Seine Sprache bleibt"

Wolfgang Huber zum Tode von Walter Kempowski

Während der Sitzung des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) hat der Vorsitzende des Rates, Bischof Wolfgang Huber mit „großer Trauer“ die Nachricht vom Tod Walter Kempowskis vernommen. Er hat der Familie im Namen der EKD wie auch persönlich tiefes Mitgefühl ausgesprochen.

In einem Brief schreibt der Ratsvorsitzende, dass Walter Kempowski als Schriftsteller etwas geschafft hat, was gemeinhin deutschen Autoren nie zugetraut wurde: „Geschichte so sehr mit erzähltem Leben zu verbinden, dass eine große Leserschaft sich seinen Romanen und Erzählungen anvertraute.“ In den Büchern und Texten von Kempowski eröffne sich ein Zugang zum Alltagsleben im Nationalsozialismus, in der DDR und der Bundesrepublik, das in der offiziellen Geschichtsschreibung lange zu kurz gekommen sei: „Walter Kempowskis Familiengeschichten sind alltagsgesättigt und kommen doch immer ohne idyllische Verklärung aus. Stoisches Privatleben und elendes Verrecken, mutiger Widerstand und korrupter Überlebenswille, wie beides zusammengeht im alltäglichen Leben normaler Leute, das zeigen seine Romane und Erzählungen,“ schreibt Wolfgang Huber.

Nie fehle der Humor, der sich Freiheit verschafft gegenüber der Bedrängnis von Diktatur und Terror. Walter Kempowski scherte sich nicht um die Moden der Kritik, er sei hartnäckig bei seiner Sache geblieben: „Seinen Befragungsbüchern, vor allem aber seinem Echolot-Projekt, verdanken wir einen berührenden Einblick in den Alltag der letzten Tage des Nationalsozialismus, Tage, in denen sich ein ganzes Jahrhundert bricht,“ so der Ratsvorsitzende. Besonders bewegend sei die Ausstellung „Kempowskis Lebensläufe“ in der Akademie der Künste in diesem Jahr gewesen, die so überwältigende Resonanz gefunden habe. Kempowski habe die Alltagsdinge zum Sprechen gebracht: die Fotos und die Zinnsoldaten, die Zigarrenschachteln und die Postkarten: „Diese Sprache bleibt.“

Hannover, 05. Oktober 2007

Pressestelle der EKD
Christof Vetter