Kirche zwischen Ankunft und Abflug

Flughafenseelsorger: Hilfe für Menschen, die abgeschoben werden

Es gibt Zeiten, in denen Flughafenseelsorger im Zwiespalt der Gefühle und Aufgaben sind. Nicht unbedingt, wenn sie einer kirchlichen Reisegruppe vor dem Abflug in der Flughafenkapelle einen Reisesegen erteilen. Aber wenn sie auf Menschen treffen, für die der Flug eine Abschiebung ist, die in eine ungewisse Zukunft, vielleicht sogar in Situationen führt, in denen sie an Leib und Leben gefährdet sind. Dieses Thema war ein Schwerpunkt der 10. „Konferenz für evangelische Flughafenseelsorge“ in München, die vom Referenten für Sonderseelsorge der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Oberkirchenrat Erhard Berneburg, koordiniert wird. Sprecher der Konferenz ist Pastor Holger Birth, Seelsorger am Flughafen Hannover-Langenhagen. Er berichtete, dass das Thema „Abschiebung“ besonders die Seelsorger an den Flughäfen mit vielen Abschiebungen sehr beschäftige.

Als Einblick in die Praxis aus polizeilicher Sicht besuchte die Gruppe die Bundespolizei am Münchener Flughafen. Dort gehöre wie am Flughafen Frankfurt/Main die „zwangsweise Durchsetzung der Ausreisepflicht“ zum täglichen Geschäft. Birth erläuterte die Arbeitsweise der evangelischen Seelsorger: Teilweise betreuen sie abzuschiebende Ausländer direkt. Zum Beispiel halfen sie, als eine Mutter keine Babynahrung mehr hatte, oder wenn Asylsuchende keine Winterkleidung hatten, weil sie im Sommer zur Abschiebung festgenommen worden seien. Eine sprachliche Verständigung sei oft nicht möglich, aber auch die Umarmung einer Seelsorgerin gebe einer abzuschiebenden Frau Trost.

Gesondert davon stehen weitere Seelsorger für Gespräche mit den Beteiligten der Abschiebungen bereit, mit Flughafenangestellten, Flugzeugbesatzungen und Bundesgrenzschutzbeamten. Manche erzählen von Gewissenskonflikten bei einer Abschiebung. Die Ausübung von Gewalt durch die Grenzschützer werde aber durch die Anordnung des Bundesinnenministers „Keine Abschiebung um jeden Preis!“ eingedämmt.

Notfallseelsorge in Katastrophenfällen war der zweite Schwerpunkt der Konferenz. Je nach Einsatzplänen der einzelnen Flughäfen sind die Flughafenseelsorger in die Betreuung von Opfern eingebunden. Zuerst werde die Koordinierungsstelle NOAH (Nachsorge, Opfer- und Angehörigenhilfe) des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe aktiv, wenn Deutsche nach schweren Unglücksfällen im Ausland bei der Rückkehr am Flughafen Betreuung benötigten. NOAH koordiniere die medizinische wie psychosoziale Betreuung und vermittele Seelsorger.

Birth berichtete, dass Flughafenseelsorger bei Einzelschicksalen oft direkt vom Flughafenpersonal gerufen werden. Ihr Rat sei gefragt, wenn einem Reisenden oder Flughafenmitarbeiter die Nachricht vom Tod eines Angehörigen überbracht werden müsse. Für einen Moment der Ruhe auf dem hektischen Flughafen suchten viele gern die Flughafenkapelle auf. Im Flughafen Hannover-Langenhagen, wo die Kapelle im Mai 2006 eingeweiht wurde, kommen etwa 1.400 Menschen pro Monat.

Bisher gibt es an zehn deutschen Flughäfen solche Andachtsräume. Der erste wurde 1970 in Frankfurt/Main eingerichtet, später folgten München, Stuttgart, Hamburg, Dresden, Düsseldorf, Leipzig-Halle, Berlin-Schönefeld, Münster/Osnabrück und Hannover.

Die Herbstkonferenz 2008 wollen die evangelischen Flughafenseelsorger zum ersten Mal gemeinsam mit den katholischen Flughafenseelsorgern in Dresden durchführen. An einzelnen Flughäfen gibt es schon ökumenische Zusammenarbeit: Holger Births halbe Stelle am hannoverschen Flughafen wird von der evangelischen und katholischen Kirche gemeinsam getragen.

Hannover / Berlin, 15. Oktober 2007

Pressestelle der EKD
Christof Vetter / Ulrike Neufeldt

Informationen zur Flughafenseelsorge

Flughafenseelsorge Hannover-Langenhagen