Religionsfreiheit ist unaufgebbares Menschenrecht

Ratsvorsitzender erinnert an Erbe der Reformation

An die Unterdrückung religiöser Minderheiten in vielen Ländern der Welt hat der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, in einem Vortrag in Wien am Montag, 30. Oktober, erinnert. Solche Unterdrückung gehöre auch heute vielerorts zur politischen Realität. „Es sind in unserer heutigen Welt vor allem Christen, die von Beeinträchtigungen der Religionsfreiheit betroffen sind.“ Die Verwirklichung der Religionsfreiheit als Menschenrecht weltweit sei heute eine unaufgebbare Forderung und ein Anliegen der beiden großen Kirchen in Deutschland, erklärte der Ratsvorsitzende in seiner Rede auf dem Reformationsempfang in der Wiener Akademie der Wissenschaften. „Die Bejahung der individuellen wie der kollektiven, der negativen wie der positiven Religionsfreiheit ist ein Ergebnis eines geistesgeschichtlichen Prozesses insbesondere seit der Reformation.“ 

Das Eintreten für die Religionsfreiheit als Menschenrecht gründe in der christlichen Glaubensgewissheit, erläuterte Bischof Huber. Aus dieser Glaubensgewissheit heraus werde der Mitmensch als Nächster geachtet und respektiert, auch wenn er einen anderen Glauben habe. „Der christliche Glaube stützt sich – insbesondere in seiner reformatorischen Deutung, aber nicht allein in ihr – auf eine göttlich zugesprochene Anerkennung der menschlichen Person, die unabhängig von ihren Taten und damit auch von ihren Überzeugungen gilt.“ Daher entspreche es dem Kern christlichen Glaubens, diese Menschenwürde, die Menschenrechte und damit die Religionsfreiheit auch Menschen anderen Glaubens zuzuerkennen. „Deshalb respektieren die christlichen Kirchen das Existenzrecht anderer Religionen, einschließlich ihres Anspruchs auf ein Wirken in der gesellschaftlichen Öffentlichkeit.“

Auf der politischen Ebene sei eine demokratische Verfassung auf der Grundlage einer klaren Unterscheidung von Staat und Religion am ehesten im Stande, der Menschenwürde zu entsprechen und die Religionsfreiheit zu gewährleisten. „Die Kirchen träumen also nicht von einem christlichen Gottesstaat. Sie stehen auf dem Boden einer Unterscheidung von Kirche und Staat, zu der die säkulare Rechtsordnung hinzugehört.“ Auch nach kirchlicher Auffassung könne nur der religiös neutrale Staat die volle Religionsfreiheit verfassungsrechtlich sichern. Der Ratsvorsitzende kam während seines Aufenthaltes in Wien auch zu Gesprächen mit den evangelischen Kirchen Österreichs zusammen. Am Montagvormittag fand ihm zu Ehren ein Symposium zur Einheit Europas und der Rolle der Kirchen statt.

Hannover, 30. Oktober 2006

Pressestelle der EKD
Silke Fauzi