Nicht die Angst vor dem Islam schüren

Leitender Bischof der VELKD gibt Bericht vor der Generalsynode

Der Leitende Bischof der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD), Landesbischof Dr. Johannes Friedrich (München), hat davor gewarnt, sich instrumentalisieren zu lassen, die Angst vor dem Islam zu schüren. In seinem Bericht vor der Generalsynode der VELKD sagte er am 21. Oktober in Goslar, dies könne aus christlicher Grundhaltung heraus nicht geschehen und gegen diese Instrumentalisierung müsse man protestieren. „Wir wollen mit den muslimischen Nachbarn in Frieden und guter Nachbarschaft zusammenleben.“ Er gehe davon aus, „dass mehr als neunzig Prozent der Muslime in Deutschland unser Grundgesetz respektieren und froh darüber sind, in einem Land mit solchen garantierten Menschenrechten zu leben.“ Zu diesen Rechten gehöre auch die Religionsfreiheit. Es sei „völlig selbstverständlich, dass auch in unserem Land Moscheen gebaut werden müssen und dürfen.“ Die Frage, an welcher Stelle und in welcher Größe, sei eine Frage des Baurechts und kommunaler Entscheidungen. Grundsätzlich dürfe man gegen Bauten von Moscheen aber nichts haben, so der Leitende Bischof. Ihm sei eine Moschee lieber, die er sehe und kenne, als eine solche in einem Hinterhof, deren Nutzer keinen Kontakt mit Christen haben wollten und bei denen man nicht wisse, was dort geschehe. „Wir müssen aktiv daran mitwirken, dass Muslime auch bei uns ihren Glauben leben können. Wir haben eine Verantwortung dafür, dass Religionen ins Gespräch kommen und im Gespräch bleiben“, sagte Landesbischof Friedrich. Denn es müsse gelingen, selbst bei unterschiedlicher Akzentsetzung, gemeinsame Werte wie Frieden, Würde der Menschen und Freiheit und schonenden Umgang mit der Natur gemeinsam stark zu machen“. Die Klarheit im Verhältnis zu anderen Religionen sei dann hilfreich, wenn sie nicht unterschwellig einer den Dialog verhindernden Abgrenzung diene, sondern sich mit dem Element des Willens zur nachbarschaftlichen Anerkennung verbinde. In diesem Zusammenhang verteidigte der bayerische Landesbischof die Islam-Handreichung des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), „Klarheit und gute Nachbarschaft“.

Zur Lage der Ökumene merkte Dr. Friedrich an, es sei angesichts mancher „Aufgeregtheiten“ sinnvoll, sich im Blick auf den Dialog der Kirchen an einige biblisch-theologische Grundgedanken erinnern zu lassen. So sei die in der Bibel gemeinte Einheitlichkeit „keine starre Uniformität“. Es gehöre zu den Grundeinsichten der gegenwärtigen ökumenischen Situation, „dass es nicht ,das’ eine, einzig mögliche Verständnis von Einheit gibt und nicht ,den’ einen, einzig möglichen Weg zu ihr“. Es gehe in der Ökumene weder darum, alles in einen uniformen Einheitsbrei zusammenzurühren noch die Differenzen beziehungslos nebeneinander stehen zu lassen. „Ökumene heißt, das Gemeinsame und Verbindende einerseits und die Differenzen andererseits auszuhalten.“ Ausdrücklich warb der Leitende Bischof für ein unmittelbares existentielles Bedürfnis nach Einheit und Gemeinsamkeit, das in besonderer Weise in konfessionsverschiedenen Ehen und Familien bestehe. Das Bedürfnis, gemeinsam am Abendmahl in der römisch-katholischen Kirche teilnehmen zu können, sei von „besonders großem Gewicht“. Er erhalte immer wieder Berichte von betroffenen Ehepaaren, die darunter litten, dass die römisch-katholische Kirche ihnen dies erschwere. In der evangelischen Kirche bestünde diese Einschränkung nicht.

Vor der Generalsynode stellte der Leitende Bischof sein Jahresthema 2008 vor: „Rechtfertigung heute – vom Geschenk der Menschenwürde“. Es gehe darum, einen „Zentralbergriff der lutherischen Reformation“ verständlich zu machen, der an Aktualität nichts verloren habe. Unser Leben sei von einer weiter um sich greifenden Ökonomisierung bedroht. Es stelle sich die Frage, ob der Mensch nur noch etwas wert sei, wenn er etwas leiste und einen Arbeitsplatz habe. Aus lutherischer Sicht müsse darauf hingewiesen werden, dass Wert und Würde des Menschen vorgegeben sein und von Menschen nicht verändert werden könnten. „Unsere große Aufgabe als Kirche ist es, Menschen in ihrem Selbstwert zu stärken – auch und gerade dann, wenn sie krank, behindert, arbeitslos sind.“

Goslar / Hannover, 21. Oktober 2007

Udo Hahn
Pressesprecher