EKD bekräftigt: Keine kirchliche Trauung ohne vorhergehende standesamtliche Eheschließung

Ausarbeitung zum evangelischen Verständnis von Ehe und Eheschließung als Orientierungshilfe empfohlen

Nach evangelischem Verständnis bleibt die zivilrechtliche Eheschließung auf dem Standesamt Voraussetzung für eine kirchliche Trauung. Dies bekräftigt die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) in einer heute veröffentlichten gutachtlichen Äußerung. Die Arbeitsgruppe unter der Leitung von Bischof Martin Hein (Kassel), die den Text verfasst hat, erklärt darin, dass es auch künftig in den Gliedkirchen der EKD keine rein kirchlich geschlossenen Ehen geben soll. „Dem hier vorgetragenen evangelischen Verständnis von Ehe und Eheschließung entspricht es vielmehr, dass die Ehe als bürgerlich-rechtliche geschlossen und ihr in einem Gottesdienst Gottes Segen zugesprochen wird.“ Die Ausarbeitung erscheint unter dem Titel „Soll es künftig kirchlich geschlossene Ehen geben, die nicht zugleich Ehen im bürgerlich-rechtlichen Sinne sind? Zum evangelischen Verständnis von Ehe und Eheschließung“ als Nummer 101 in der Reihe EKD-Texte.

Anlass der vom Rat in Auftrag gegebenen gutachtlichen Äußerung ist eine zum Jahresbeginn 2009 in Kraft getretene Änderung im Personenstandsgesetz, die das staatliche Verbot für kirchliche Trauungen ohne vorhergehende standesamtliche Eheschließung aufgehoben hat. Somit ist es aus der Perspektive des staatlichen Rechts zulässig, eine kirchliche Trauung ohne vorherige zivilrechtliche Eheschließung vorzunehmen. „Doch damit ist nichts darüber gesagt, ob von dieser Möglichkeit aus der Perspektive des evangelischen Eheverständnisses und der kirchlichen Ordnung Gebrauch gemacht werden soll“, schreibt der Vorsitzende des Rates der EKD, Bischof Wolfgang Huber, in seinem Vorwort.

Der Text ruft in Erinnerung, dass sich die evangelische Kirche zwar zunächst gegen die 1875 eingeführte obligatorische Zivilehe gewehrt hat, sich dann aber auf das Verbot der religiösen Voraustrauung einlassen konnte, „weil sie sich mit ihrem Eheverständnis hinreichend im staatlichen Eherecht wiederfand.“ So seien die wesentlichen Merkmale des christlichen Ehebegriffs von der staatlichen Rechtsordnung übernommen worden: die Ehe als „öffentlich dokumentierte, dauerhafte, ausschließliche und freiwillig eingegangene Verbindung von Mann und Frau, die für Kinder offen ist.“

Die rechtliche Gestalt der Ehe, die sie durch die standesamtliche Trauung erhält, dient nach evangelischem Verständnis dem Schutz der Ehe und besonders des Schwächeren in der Partnerschaft und ist als „Stütze und Hilfe“ zu würdigen. „Eine Trennung von Recht und Liebe ist gerade unter der Perspektive der schwächeren Position bei möglichen, realistischerweise eben immer wieder sich ereignenden Konflikten ethisch inakzeptabel“ (S. 15). Daher halte die evangelische Theologie „nicht aus Zwang, sondern aus innerer Einsicht“ an der zivilrechtlichen Konsequenz von Eheschließungen fest. „Nur so können derzeit die genannten Kriterien für die Ehe, aber auch ein verantwortlicher Umgang mit ihrem Scheitern geregelt werden.“

Kirchenkonferenz wie Rat der EKD haben der Ausarbeitung zugestimmt. Der Rat hat sie ausdrücklich als Orientierungshilfe empfohlen. Angesichts noch fehlender Erfahrungen mit der neuen Rechtslage und einer Reihe von offenen Fragen verstehe sich der Text als Zwischenbericht, erklärt der Ratsvorsitzende in seinem Vorwort. „In Übereinstimmung mit dieser gutachtlichen Äußerung befürworten Rat und Kirchenkonferenz der EKD die Weiterarbeit an den mit dem evangelischen Verständnis von Ehe und Familie verbundenen Fragen.“ Diese Fragen bilden den Abschluss des Textes.

Der EKD-Text 101 „Soll es künftig kirchlich geschlossene Ehen geben, die nicht zugleich Ehen im bürgerlich-rechtlichen Sinne sind? Zum evangelischen Verständnis von Ehe und Eheschließung“ ist zu einem Stückpreis von € 1,00 erhältlich beim Kirchenamt der EKD (Herrenhäuser Straße 12, 30419 Hannover, Telefon: 0511/2796-460, Email: versand@ekd.de. Er ist auch nachzulesen im Internet unter http://www.ekd.de/download/ekd_texte_101.pdf

Hannover, 15. September 2009

Pressestelle der EKD
Silke Römhild