Was ist wichtiger: Gottesdienst oder Sozialarbeit?

Johannes Friedrich predigt zur Eröffnung der Synode

Nach dem Verhältnis von Frömmigkeit und sozialem Handeln hat der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, Johannes Friedrich, in seiner Predigt am Sonntag, 5. November, in Würzburg gefragt. Im Eröffnungsgottesdienst zur 5. Tagung der 10. Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in der St. Johannis Kirche erläuterte Friedrich, dass sich an der Frage nach dem sozialen Engagement die Geister scheiden: „Was ist das Wichtigste im Leben eines Christen: Gottesdienst oder gesellschaftspolitische Sozialarbeit?“

Für Jesus Christus gehörte beides zusammen, erläuterte der Landesbischof und leitende Geistliche der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) anhand des Predigttextes aus Lukas 4,18-19. Christus habe zugesagt, dass in ihm das Heil der Welt beschlossen und erfüllt sei. Wahr sei aber auch, dass zweitausend Jahre später Leid und Elend nicht aus der Wirklichkeit unserer Gesellschaft verschwunden seien. „Allerdings hat die Not der Menschen heute oft strukturelle Gründe“, so Landesbischof Friedrich. „Persönliches Leid wie Arbeitslosigkeit und Armut sind nur zu einem geringen Teil Folge persönlicher Schuld, vielmehr oft Resultat weltweiter politischer und ökonomischer Prozesse.“

Dabei werde im deutschen Sozialstaat viel gegen Armut und Arbeitslosigkeit getan: „Das Gemeinwesen will den einzelnen nicht seinem Schicksal überlassen, sondern die Solidargemeinschaft will und muss dafür sorgen, dass möglichst niemand durch die Maschen des sozialen Netzes fällt.“ Daneben gebe es „viel großartiges privates Engagement.“ Trotzdem könnte man angesichts steigernder Armutszahlen leicht die Hoffnung auf die Verbesserung der Welt verlieren.

Dennoch sei der christliche Glaube kein Aufruf zu sozialem Aktionismus, sondern zunächst ein Ruf zu Jesus Christus. „Die Bibel sagt: Wir werden nicht aus unseren Werken vor Gott selig.“ Der biblische Text lade dazu ein, den Blick von den eigenen Interessen weg auf Christus zu richten. „Denn nicht in unserer Person und nicht durch unseren Aktionismus ist die Welt heil, sondern allein aus ihm.“ Schon Martin Luther und seine Mitstreiter seien überzeugt gewesen: „Weil Christus alles für mich tut, muss ich nicht mehr darüber nachdenken, wie ich es mir recht mache, sondern ich habe die Hände frei, um der Not anderer Menschen abzuhelfen.“

Dabei gehe es nicht um pure Selbstlosigkeit, so Johannes Friedrich weiter. Der Prophet Jeremia habe dazu aufgefordert: „Baut euch Häuser und pflanzt Gärten und genießt deren Ertrag.“ Wohlstand und Wohl der Stadt hingen zusammen: „Wohlstand und Privateigentum sind kein Widerspruch zu sozialem Handeln.“

Würzburg, 04. November 2006

Pressestelle der EKD
Silke Fauzi

Predigt von Landesbischof Johannes Friedrich im Eröffnungsgottesdienst der EKD-Synode in Würzburg