Mit Würde begabt – zur Freiheit berufen

Der Ratsvorsitzende hält seinen Bericht vor der Synode

Jedes Reden von Freiheit und Menschenwürde beginne in christlicher Perspektive mit einem Gebet, hat der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, in seinem mündlich vorgetragenen Bericht vor der Synode der EKD festgestellt. „Mit Würde begabt - zur Freiheit berufen“ hat der Ratsvorsitzende den Bericht überschrieben, den er zu Beginn der 5. Tagung der 10. Synode der EKD am Sonntag, 5. November, gegeben hat: „Von Würde und Freiheit lässt sich recht verstanden nur dann sprechen, wenn die Rede aus dem Gebet, aus Klagen und Lob, kommt und in das Gebet mündet.“

Am Beispiel der Eindrücke seiner Reise in den Libanon vor wenigen Wochen schildert der Ratsvorsitzende, wie die Würde von Menschen „in einem erschreckenden Maß in Frage gestellt worden“ sei. Weitere Beispiele, wo Menschenwürde bestritten wird und Freiheit umstritten ist, nennt Wolfgang Huber und greift dabei aktuelle Ereignisse wie den Missbrauch der Gebeine Verstorbener durch deutsche Soldaten in Afghanistan oder die Diskussionen über Konflikte zwischen Religionsfreiheit und Presse-, Meinungs- und Kulturfreiheit. Als weitere Beispiele nennt der Ratsvorsitzende die Fragen des Wertebewusstseins und den Umgang mit Sonn- und Feiertagen. Die „Unterschicht-Debatte“ der letzten Wochen habe gezeigt, was gerade die Kritik der Kirche bedürfe.

Dagegen stellt der Ratsvorsitzende, dass der Mensch nach christlichem Verständnis unveräußerlich mit Menschenwürde begabt sei, die „durch die Beziehung zu Gott konstituiert wird“. Der Verzicht auf eine theologische Erschließung der Menschenwürde wäre nach Ansicht von Wolfgang Huber verhängnisvoll, „weil die gleiche und unantastbare Würde jeder menschlichen Person aus der profanen Vernunft allein nicht einsichtig gemacht werden kann“. Dabei werde der universale Charakter der Menschenwürde erst dann wahrgenommen, „wenn sie nicht nur auf alle Menschen im eigenen Land, sondern auf alle Menschen überhaupt bezogen wird“.

Freiheit, so der Ratsvorsitzende, sei die Grundlage für gewissensbestimmtes und darin verantwortliches Handeln. Dies sei der neue Gedanke der Reformation gewesen. So verstanden, sei Freiheit die von Gott geschenkte Freiheit des einzelnen, und vollziehe sich in Verantwortung. Dies bedeute, dass sich Freiheit manchmal in der Gestalt radikaler Differenz äußere: „Die Bereitschaft zu einer derartigen radikalen Differenz wird uns auch heute immer wieder abverlangt.“ Sie äußere sich dort, wo Menschen diskriminiert werden, wo ihre Würde missachtet und ihre Freiheit geleugnet wird. An diesen Stellen sei der Mut des Widerspruchs gefordert.

Die Verbindung von Selbstbestimmung und Verantwortung habe im Begriff der Freiheit gerade heutzutage zentrale Bedeutung für das politische Zusammenleben. Mit dieser Überlegung erinnert der Ratsvorsitzende an Hannah Arendt und ihren Satz: „Der Sinn der Politik ist Freiheit.“ Das sei der Kern demokratischen Selbstverständnisses. Wegen der protestantische Hochschätzung menschlicher Verantwortung brauche es eine Ethik, dabei sei evangelische Ethik beides: „eine Ethik der Dankbarkeit und eine Ethik verantworteter Freiheit“. In diesem Sinne öffne Würde und Freiheit für Gottes Lob.

Hannover/Würzburg, 04. November 2006

Pressestelle der EKD
Christof Vetter


Ratsbericht Teil A im Wortlaut