Eberhard Hauschildt beleuchtet Synoden-Schwerpunktthema

Kirche als Institution und Organisation

Aufgabe der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sei es, die Gemeinsamkeit aller Evangelischen in den Landeskirchen zu organisieren. Darüber gebe es Konsens, erklärte der Bonner Theologieprofessor Eberhard Hauschildt in einem Referat zum Synoden-Schwerpunktthema „evangelisch Kirche sein“ am Montag, 5. November, in Dresden. Vor den Delegierten der Synode der EKD stellte Hauschildt fest, dass der Protestantismus in Deutschland durch die EKD „auf der Bühne der Medien und der Politik sich deutlicher Gehör verschaffen“ könne, ebenso wie in Europa und in internationalen Gremien. Hauschildt rief dazu auf, das Verhältnis und die Aufgaben der EKD-Gremien zu klären: „Ein Rat und Ratsvorsitzender der EKD sollen schneller und eigenständiger im Laufe der Ereignisse entscheiden können und eine Synode der EKD soll präziser und im Bewusstsein der dabei entstehenden Kosten etwa die Grundlinien der Arbeit der EKD für alle Evangelischen in Deutschland verbindlich festlegen können.“

Die evangelische Kirche sei sowohl Institution als auch Organisation und sollte beide Elemente bestmöglich verbinden, so Hauschildt. Er konstatierte eine Verlangsamung des Reformprozesses, der im vergangenen Sommer mit dem vom Rat der EKD veröffentlichten Impulspapier „Kirche der Freiheit“ begonnen hat. Dies bewahre vor „Fehlern durch Überhastung und erbringt Zeit zum Lernen aus Fehlern“. Hauschildt plädierte: „Wir sollten uns die theologischen Klärungen und die Klärungen im Leitungshandeln der Leitungsorgane der EKD leisten.“ Eine in Freiheit gewollte Organisationsreform sei anders nicht zu machen.

Die Kirche beginne als von Gott angestoßene Bewegung „hin zu den Frauen und Kindern, den Blinden und Lahmen, den Heiden.“ Im Verlauf der Zeit werde aus der Bewegung dann eine Institution: „Der Weg zu den vielen wird zum Weg von der Untergrundbewegung zur flächendeckenden Staatskirche.“ Institutionalisierung sei unausweichlich und habe ihr Gutes, „weil und insofern sie unterstützt, dass das Evangelium auf Dauer und für die vielen erklingt.“ Dabei bedeute evangelisch Kirche sein, Institution der Freiheit zu sein: „Eine Institution, in der die Freiheit von den Ordnungen und Kirchentraditionen mitgedacht ist und in der eine Freiheit zur beständigen Reformation der Kirche besteht.“ Wer sich eine Kirche wünsche, die stärker in Bewegung sei, verkenne, dass diese Bewegung schon immer durch die Unterstützung der Sesshaften lebte: „Jesus kehrte ein in das Haus der Schwiegermutter des Petrus, hinter dem Wirken des Paulus stehen die rechen Witwen, hinter Luther der Kurfürst.“

Zugleich warnte Hauschildt: „Die Gefahr, den Wandel zu verschlafen ist für Institutionen groß.“ Das Impulspapier des Rates und der Reformprozess markierten einen Mentalitätswandel von der Institution zur Organisation. Organisationen zeichneten sich dadurch aus, „dass sie ein klares Programm formulieren, sich ein eindeutigen Handlungsziel geben“ und materielle und personelle Ressourcen möglichst effektiv zur Erreichung dieses Zieles einsetzen. Als Organisation müsse sich die evangelische Kirche als Organisation der Freiheit erweisen, so Hauschildt. Das Verhältnis der institutionellen und organisatorischen Elemente verglich der Theologe mit einem Hybridmotor: „ein Elektromotor für den Stadtverkehr, ein Benziner für die langen Strecken.“ Die evangelische Kirche täte gut daran, mit beiden Motoren zu fahren: „Sie können sich gegenseitig entlasten und die andere Seite jeweils das tun lassen, was sie am besten kann.“

Die Organisation christlicher Freiheit müsse sowohl die Ermöglichung der Gottesbegegnung wie die Erfahrung der Lebenserneuerung im Blick behalten. Beides sollte nicht gleichgesetzt werden, aber auch nicht getrennt werden: „sei es nun die Trennung des Rückzugs in schöne Gottesdienste oder die Flucht in spektakuläre Aktionen. Der gegenseitige Verweis ist das Spannungsvolle und das Nötige.“

Dresden, 05. November 2007

Pressestelle der EKD
Silke Römhild

Texte zum Schwerpunktthema der EKD-Synode

Berichterstattung über die Tagung der EKD-Synode in Dresden