Huber: "Das Verbot der Folter bekräftigen"

EKD bekräftigt den Grundsatz der Unantastbarkeit der Menschenwürde

Die Menschenwürde muss unantastbar bleiben. Dies unterstrich der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, anlässlich des  Internationalen Tages der Menschenrechte am 10. Dezember 2004.

Die Anwendung der Folter verletze den Grundsatz der Unantastbarkeit der Würde des Menschen, wie er in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte niedergelegt ist. Denn mit der Folter sei nicht nur die Erfahrung körperlicher Schmerzen verbunden, sondern der Gefolterte werde zum Objekt gemacht und seinem Folterer ausgeliefert. Nach christlicher Vorstellung komme dem Menschen als Geschöpf und Ebenbild Gottes jenseits von persönlichem Verdienst und Versagen und vor aller menschlicher Rechtsordnung Würde zu. Christen dürften sich deshalb nicht mit der Tatsache abfinden, dass immer noch in mindestens 70 Ländern der Erde gefoltert werde. Das Beispiel der Türkei zeige zudem, wie schwierig es trotz zahlreicher Rechtsreformen sei, das Folterverbot nach jahrelanger Missachtung in der Praxis durchzusetzen. Ausnahmen vom Folterverbot seien nicht zulässig.

Das müsse auch im Hinblick auf die Bekämpfung des internationalen Terrorismus gelten. Huber äußerte sich deshalb besorgt darüber, dass die USA in Guantánamo Bay Verhörmethoden wie Schlaf- und Lichtentzug oder Bedrohung durch Hunde für zulässig erklärt hätten. Nach Berichten des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes sei in Guantánamo Bay systematisch gefoltert worden. Vor diesem Hintergrund stellten sich die Misshandlungen im irakischen Gefängnis in Abu Ghraib nicht als Ausnahmefälle dar: "Wir müssen Abu Ghraib als Warnzeichen für die Missbrauchsgefahren sehen, die jede Lockerung des Folterverbotes mit sich bringt".

Mit Sorge sieht Huber auch Entwicklungen in Deutschland, so die Debatte um den  Strafprozess gegen den ehemaligen stellvertretenden Frankfurter Polizeipräsidenten Wolfgang Daschner: "Wer die Androhung oder Zufügung von Schmerzen als adäquate Mittel zur Aussagegewinnung bezeichnet, stellt damit grundlegende, bislang unbestrittene Menschenrechts- und Verfassungsnormen und die Unantastbarkeit der Menschenwürde in Frage." Auch die Folterfälle in mehreren Kasernen der Bundeswehr zeigten, dass die Achtung vor der Integrität der menschlichen Person nicht ausreichend verankert ist. Nicht nur bei denen sei dies der Fall, die die Übergriffe begangen hätten, sondern auch bei den Betroffenen, die die erniedrigende Behandlung über sich ergehen ließen, ohne sich zu beschweren. Auch von wissenschaftlicher Seite werde gegenwärtig die unbedingte Geltung des Folterverbotes in Frage gestellt. Die Würde des Menschen werde dabei in bestimmten Fällen der Abwägung mit Grundrechten anderer Menschen zugänglich gemacht.

Diese Entwicklungen zeigten, dass die Geltung elementarer Menschenrechts- und Verfassungsnormen nicht selbstverständlich sei. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Menschenwürde für das christliche Menschenbild müssten gerade Kirchen und Christen einen Beitrag dazu leisten, dass diese Geltung neu und verstärkt ins Bewusstsein tritt.

Hannover, 09. Dezember 2004

Pressestelle der EKD
Silke Fauzi