Ratsvorsitzender betont Bedeutung des Buß- und Bettags

„Gesellschaft braucht Tage der Besinnung“

Die Gesellschaft brauche Tage der Besinnung und des Aufatmens, so der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber. Dazu sei der Buß- und Bettag ebenso nötig wie die Adventssonntage. „Unsere von Unruhe geprägte Zeit braucht Tage der kollektiven Ruhe“, sagte Huber am heutigen Mittwoch, 22. November, in seiner Predigt im Buß- und Bettagsgottesdienst in der Leipziger Thomaskirche. Das Thema der Buße sei für die evangelische Kirche von Anfang an zentral gewesen. „Nach evangelischer Auffassung meint Buße eine grundsätzliche und dauerhafte Besinnung, aus der Umkehr und Sinnesänderung erwachsen. Der Buß- und Bettag  ist und bleibt deshalb ein Feiertag von großer Bedeutung für die evangelische Kirche – und darüber hinaus.“

Von den Leipziger Friedensgebeten sei 1989 der Ruf ausgegangen: „Wir sind das Volk“ und „Keine Gewalt“. Heute könnte dieser Ruf lauten: „Keine Ausgrenzung“ und „Keine Gewalt“. So setze sich die evangelische Kirche für gerechte Teilhabe an der Gesellschaft auch für Ausländer und eine großzügige Bleiberechtsregelung ein. „Es reicht uns nicht, wenn ein Zehntel derjenigen, die schon seit vielen Jahren gut integriert zusammen mit ihren Kindern ohne einen gesicherten Aufenthaltsstatus in Deutschland leben, nun klarer in die Zukunft schauen können. Wir haben auch die anderen neunzig Prozent im Auge, denen es an dieser Klarheit immer noch fehlt.“

Beim Ruf „Keine Gewalt“ denke er auch an den Libanon, wo gestern erneut ein christlicher Politiker ums Leben gebracht worden ist, sagte der Ratsvorsitzende. Er beziehe diesen Ruf aber auch auf das vor wenigen Tagen im brandenburgischen Guben eröffnete so genannte Plastinarium, in dem menschliche Leichen in Scheiben geschnitten und anschließend verkauft würden. „Ich sehe darin eine Verrohung der Sitten, bei der nicht nur Körper, sondern auch Seelen in Scheiben geschnitten werden.“ Eine Verrohung der Sitten gebe es nicht nur bei Soldaten in Afghanistan, die mit menschlichen Gebeinen posierten: „Es gibt sie mitten unter uns.“

Auch deswegen sei der Buß- und Bettag wichtig. Während Sünde das „Verbohrtsein des Menschen in sich selbst“ sei, ermögliche Buße einen Sinneswandel, die Befreiung zu einem Blick, der auch den anderen sieht. „Sünde ist die Verstrickung in Unglauben, Hoffnungslosigkeit und Hass. Buße ist die Aussicht auf Glauben, Hoffnung und Liebe. Diese Orientierung will uns der Buß- und Bettag geben.“ Entscheidend für eine solche Orientierung sei die lebendige Beziehung zu Gott, betonte Huber. Deshalb rede dieser Tag nicht nur von der Buße, sondern auch vom Gebet. „Der heutige Tag hilft uns zu einem Gebet, das für die Gaben Gottes dankt und um Kraft zur Umkehr bittet. Denn evangelischer Glaube zielt auf beides: auf ein Leben aus Dankbarkeit und eine Umkehr zu verantworteter Freiheit.“

Hannover, 22. November 2006

Pressestelle der EKD
Silke Fauzi