Siebte Serbien-Tagung zur Zukunft Südosteuropas
„Clash of Cultures“? Kulturerbe zwischen Religion und Ethnie
Beeindruckend sei die Bereitschaft junger Frauen und Männer aus Serbien und dem Kosovo, die Verletzungen der Vergangenheit zu überwinden und gemeinsam einen Weg in eine friedliche europäische Zukunft zu finden. So fasste die Leiterin der Europa-Abteilung im Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Antje Heider-Rottwilm, ihre Erfahrungen im Anschluss an die siebte Serbien-Tagung zusammen, die vom 25. bis 27. November zum Thema „‚Clash of Cultures’? Kulturerbe zwischen Religion und Ethnie: Blick in die Zukunft Südosteuropas“ im serbischen Golubac stattgefunden hat. Sie wurde gemeinsam veranstaltet von der Serbischen Orthodoxen Diözese für Mitteleuropa (SOK), der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und der Deutschen Bischofskonferenz in Zusammenarbeit mit der Konrad Adenauer Stiftung und dem Christlichen Kulturzentrum Belgrad.
An der Tagung teilgenommen haben fast fünfzig Personen aus Kirchen und Politik in Serbien und Deutschland, darunter Personen unterschiedlicher Ethnien und Konfessionen aus Serbien und dem Kosovo. Auf kirchlicher Seite nahmen Vertreterinnen und Vertreter der Serbischen Orthodoxen Kirche, der katholischen Kirche und protestantischer Kirchen aus Serbien und aus Deutschland teil. Bischof Ignatije von Branicevo begrüßte als gastgebender Bischof die Teilnehmenden. Auf politischer Seite waren unter anderem der Religionsminister Serbiens, Milan Radulovic, und der niedersächsische Landtagspräsident Jürgen Gansäuer anwesend. Letzterer brachte die Erfahrungen der Kirchen in Deutschland im Umgang mit der deutschen Schuldgeschichte und ihre Bedeutung für die Versöhnung zwischen den ehemals verfeindeten Völkern ein.
Die besondere Bedeutung der Kirchen und Klöster im Kosovo als Kulturgüter für die Serbische Orthodoxe Kirche wurde von den Teilnehmenden der Konferenz hervorgehoben. Generalvikar Milan Pejic (SOK) unterstrich, dass die Zerstörung von Kirchen, Klöstern, Moscheen und anderen Kulturgütern darauf ziele, die religiöse, kulturelle und nationale Identität der jeweils Anderen zu zerstören. Aus diesem Grunde, aber auch weil die Kulturgüter im Kosovo gesamteuropäische Bedeutung haben und zum Weltkulturerbe gehörten, habe die europäische Staatengemeinschaft eine besondere Verantwortung für ihre Erhaltung oder Wiederherstellung.
Durch ihre geographische Lage hätten die Menschen und Religionsgemeinschaften in der Region einerseits zwar schmerzliche Erinnerungen an Konflikte andererseits aber auch positive Erfahrungen mit dem interkulturellen Zusammenleben. „Die Verflechtung von Kulturen auf dem Balkan ist ein großes Kapital, das es gilt, bewusst zu nutzen für Frieden und Gerechtigkeit in der Region.“ So May Mahnken von der Deutschen Botschaft in Belgrad in ihrem Grußwort.
„Aufgrund des durch die Tagungen gewachsenen Vertrauens war es möglich, dass Kosovo-Albaner und Kosovo-Serben ihre unterschiedliche Sichtweisen der Geschichte und ihre traumatischen Erlebnisse zur Sprache bringen konnten“, so Johannes Oeldemann, der im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz an der Tagung teilnahm. Unter den Teilnehmenden waren auch eine Reihe junger Menschen, die dafür eintraten, dass sich Europa stärker für den Austausch junger Menschen auch über die Grenzen der Europäischen Union hinweg öffnet. Angeregt wurden ein Projekt für die Begegnung von Studierenden unterschiedlicher Ethnien sowie verbesserte Möglichkeiten für Studienaufenthalte und Praktika.
Diese siebte der seit dem Kosovokrieg 1999 jährlichen Tagungen habe ebenso wie ihre Vorgängerinnen einen Dialog über ethnische, nationale und religiöse Grenzen hinweg ermöglicht, fasste Antje Heider-Rottwilm die Ergebnisse zusammen. So wurde in Berlin im Vorjahr mit einem vergleichbar zusammengesetzten Teilnehmendenkreis das Thema: „Serbien: ‚Der Osten im Westen und der Westen im Osten’“ diskutiert. „Die Tagungen bilden eine ökumenische Plattform für Bemühungen um Versöhnung und Aufarbeitung der oft schmerzhaften Erinnerungen in Serbien“ so Antje Heider-Rottwilm. Diese Dialogveranstaltungen sollten dazu beitragen, den Weg in ein geeintes Europa zu ermöglichen, in dem unterschiedliche Konfessionen, Religionen, Kulturen, Ethnien und Nationen friedlich zusammen leben können.
Hannover, 29. November 2005
Pressestelle der EKD
Silke Fauzi
Auflistung der Themen und Referendierenden der Tagung sowie Teilnahmeliste:
Clash of Cultures”?
Kulturerbe zwischen Religion und Ethnie: Blick in die Zukunft Südosteuropas
Golubac, Serbien, 25.-27. November 2005
Themen und Referendierende:
1) Kulturkonzepte der Religionen und Konfessionen in Serbien:
Beiträge von:
Erzpriester Prof. Dr. Radovan Bigovic, Belgrad, serbisch-orthodox
Priester Prof. Dr. Andrija Kopilovic, Subotica, römisch-katholisch
Pastor Karoly Beres, Novi Sad, protestantisch
2) Religiöses Kulturerbe im Vergleich; Geschichte und Gegenwart:
„Das Verhältnis von religiöser, kultureller und nationaler Bindung im deutschen Protestantismus“, Jürgen Gansäuer, Präsident des Niedersächsischen Landtages
„Serbien: religiöse und ethnische Identifikation zwischen einer Balkan-Vergangenheit und einer europäischen Zukunft“, Dr. Danijela Gavrilovic, Universität Nis
„Orthodoxie und Kultur: Beobachtungen zur Orthodoxie in Amerika“, Prof. Dr. Reinhard Thöle, Konfessionskundliches Institut Bensheim
„Religiöse Objekte in einer multikonfessionellen Gesellschaft“, Dipl. Ing. Architekt Dragomir Acovic, Hl.-Sava-Kathedrale Belgrad
3) Das Kulturerbe von Kosovo und Metohija:
Referierende:
„Wem gehört das Kosovo? Spurensuche in der Geschichte.“
P. Walter Happel, SJ, Loyola-Gymnasium, Prizren
„Europa nostra und das Kulturerbe von Kosovo und Metohija“,
Prof. Dr. Irina Subotic, Universität Belgrad, Europa nostra
Diskutanten auf dem Podium:
Pal Bala, Pristina (Kosovo)
Jürgen Gansäuer, Präsident des Niedersächsischen Landtages, Hannover
Jehona Lushaku, Pristina (Kosovo) und Hannover
Prof. Dr. Dragana Mitrovic, Universität Belgrad
Srdjan Popovic, Pristina (Kosovo)
4) Europäische Wege, Wege nach Europa:
„Was ist europäisches Kulturerbe?“, Prof. Dr. Thomas Bremer, Universität Münster
„Religion und Nation: Mazedonien im südosteuropäischen Spannungsfeld“,
Prof. Dr. Basilius Groen, Universität Graz, Pro Oriente
Teilnehmende:
Dragomir Acovic, Architekt, Heraldiker, Kronrat, Belgrad
Militärdekan Dr. Dirck Ackermann, Evangelisches Kirchenamt für die Bundeswehr, Bonn
Pal Bala, Rechtsanwalt, Pristina
Prof. Dr. Dusan Batakovic, Historiker, Kosovo-Berater des Serbischen Präsidenten, Botschafter a.D.
P. Karoly Beres, Ökumenisches Hilfswerk (EHO), Novi Sad
Erzpriester Prof. Dr. Radovan Bigovic, Theologische Fakultät in Belgrad
Jelena Boskovic, Serbische Orthodoxe Diözese für Mitteleuropa, Hannover
Zoran Brajovic, Bonn
Prof. Dr. Thomas Bremer, Universität Münster
Jürgen Gansäuer, Präsident des Niedersächsischen Landtages, Hannover
Dr. Danijela Gavrilovic, Universität Nis
Prof. Dr. Basilius Groen, Ordinarius für Liturgiewissenschaften an der Theologischen Fakultät der Universität Graz, Pro Oriente
Sasa Hadziahmetovic, Konrad-Adenauer-Stiftung, Belgrad
P. Walter Happel SJ, Loyola-Gymnasium, Prizren
Oberkirchenrätin Antje Heider-Rottwilm, Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland, Leiterin der Europaabteilung, Hannover
Pfarrer Mihail Hrcan, Evangelisch-methodistische Kirche in Serbien und Montenegro
Bischof Prof. Dr. Ignjatije von Branicevo
Katja Milosevic, Theologische Fakultät Belgrad, Kommission Kirche und Gesellschaft der Serbischen Orthodoxen Diözese für Mitteleuropa
Jelena Jablanov-Maksimovic, Konrad-Adenauer-Stiftung, Belgrad
Priester Prof. Dr. Andrija Kopilovic, Subotica
Daniele Krupp, Belgrad
Pfarrer Michael Krupp, Belgrad
Dr. Bernhard Lamers, Leiter der Außenstelle der Konrad-Adenauer-Stiftung, Belgrad
Steffie Lamers, Ministerin a.D, Belgrad
Jehona Lushaku, Universität Hannover, Pristina und Hannover
May Mahnken, Deutsche Botschaft Belgrad
Rada Marijanovic, Christliches Kulturzentrum Belgrad
Christine Meisert, Niedersächsischer Landtag, Hannover
Prof. Dr. Dragana Mitrovic, Universität Belgrad, Fakultät für Politikwissenschaften, Christliches Kulturzentrum Belgrad
Anne-Marie Müller, Ökumenisches Informationszentrum Dresden
Dietmar Müßig, Diözese Hildesheim, Diözesanstelle Weltkirche
Dr. Johannes Oeldemann, Johann-Adam-Möhler-Institut für Ökumenik, Paderborn, Mitglied der Arbeitsgruppe "Kirchen des Ostens" der Deutschen Bischofskonferenz
Erzpriester Milan Pejic, Bischöflicher Generalvikar der Serbischen Orthodoxen Diözese für Mitteleuropa
Petar Petkovic, Theologische Fakultät Belgrad
Aleksandra Pistalo, Christliches Kulturzentrum Belgrad
Tihomir Popovic, Serbische Orthodoxe Diözese für Mitteleuropa, Kommission Kirche und Gesellschaft
Srdjan Popovic, Pristina
Prof. Dr. Milan Radulovic, Minister für Angelegenheiten der Kirchen und Religionsgemeinschaften Serbiens
Kanoniker Anton Rojc, röm.-kath. Erzdiözese Belgrad
Herbert Schedler, Renovabis, Referat Südosteuropa, Freising
Dusanka Sekara, Ministerialrätin, Religionsministerium
Milesa Stefanovic, Theologische Fakultät Belgrad
Prof. Dr. Irina Subotic, Kunsthistorikerin, Belgrad, Mitglied im Rat von Europa Nostra
Dr. Reinhard Thöle, Konfessionskundliches Institut Bensheim
Zivica Tucic, Journalist, Belgrad
Dr. Stephan Vasel, Persönlicher Referent des Niedersächsischen Landtagspräsidenten, Hannover
OKR Wolfgang Wild, Kirchenamt der EKD, Hannover
Weitere Gäste bei Teilen der Tagung:
Der Bürgermeister der Stadt Golubac
Der Regierungspräsident der Region Golubac