Ein Vor-Denker und Vor-Gänger

Wolfgang Huber zum 80. Geburtstag von Erhard Eppler

Anlässlich des 80. Geburtstags von Erhard Eppler schreibt der Vorsitzende des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, im „Haller Tagblatt“:

Grußwort des Vorsitzenden des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, Bischof Dr. Wolfgang Huber für das Haller Tagblatt anlässlich des 80. Geburtstags von Erhard Eppler

Das biblische Losungswort aus dem Herrenhuter Losungsbüchlein für den Geburtstag von Erhard Eppler ist in einer Weise provozierend, die gut zu dem 80-jährigen Jubilar passt: „So spricht Gott der Herr: Kehrt um und wendet euch ab von euren Götzen“ (Hesekiel 14, 6). Umkehr – das ist Erhard Eppler stets innerer Antrieb und Motto gewesen. „Ende oder Wende“ hieß der Titel seines 1975 erschienenen Mahnrufs an Politik und Gesellschaft. Und 1983 folgte dem mit „Umkehr zum Leben“ die genuin protestantische Variante dieser Thematik als Losung des unter seiner Präsidentschaft stehenden Deutschen Evangelischen Kirchentages in Hannover.

Und so steht Erhard Eppler uns vor Augen: Als ein charismatischer Kirchentagspräsident, der dieses Amt nach den Jahren 1981 bis 1983 noch ein weiteres Mal zwischen 1989 und 1991 inne hatte; als dem Protest nicht nur etymologisch nahe stehender streitbarer Protestant; als weit- und hellsichtiger Politiker; als Mann des Wortes und der Feder und doch zugleich als ein Mensch der Tat. Von Erhard Eppler kann man lernen, dass politisches Handeln, wenn es nachhaltig sein soll, in wissenschaftlichen Erkenntnissen und theoretischen Einsichten ebenso wie in sittlichen Maximen und ethischen Leitlinien fundiert sein muss. Wenn wir Kirchen heutzutage übereinstimmend formulieren, dass unsere Demokratie vorrangig Tugenden brauche, so sehen wir in Erhard Eppler für eine solche These nicht nur einen Weggefährten, sondern einen Wegbahner, nicht nur einen langjährigen Vor-Denker, sondern ebenso einen Vor-Gänger im buchstäblichen Sinn dieses Wortes.

Die evangelische Kirche fühlt sich mit Erhard Eppler eng verbunden. Sie ist ihm dankbar für alles, was er mit seinem Engagement in unsere Kirche eingebracht hat. Der Ruf zur Umkehr ist von ihm zu hören. Er prägt sein Denken, er erwächst aus der Buße in dem ursprünglichen reformatorischen Sinn, den Luther dem Wort in seinen 95 Thesen beispielsweise beilegte.

All das sage ich in stetiger persönlicher Verbundenheit und Freundschaft. Das erste Mal habe ich ihm im Herbst 1968 in Bad Herrenalb zugehört. Sein politischer Weg – als Entwicklungshilfeminister bei Willy Brandt, als baden-württembergischer Landesvorsitzender und Spitzenkandidat, als Vorsitzender der Grundwertekommission der SPD – wie sein Engagement in der evangelischen Kirche, das uns vor allem im Kirchentagspräsidium und in der Kammer für öffentliche Verantwortung eng zusammengeführt hat, haben meine Biographie ebenso mitgeprägt, wie ich mich in meinem politischen Denken und Nachdenken bis zum heutigen Tag immer wieder von seinen Büchern angeregt und inspiriert weiß.

Für all das danke ich Erhard Eppler von Herzen und grüße ihn mit allen guten Wünschen und in herzlicher Verbundenheit.

Hannover, 08. Dezember 2006

Für die Richtigkeit:

Pressestelle der EKD
Christof Vetter