Kleine Leute bezahlen Gier der Superreichen

Jochen Bohl, Stellvertreter des Leitenden Bischofs der VELKD: Globalisierung bedroht Einheit der Menschen

Die Erschütterungen der gegenwärtigen Finanzkrise werden nach Einschätzung von Landesbischof Jochen Bohl (Dresden) keine Weltregion unberührt lassen, vor allem aber Auswirkungen auf die armen Länder Afrikas und Asiens haben. In seiner Predigt im Dom St. Marien anlässlich der Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) sagte er am 12. Oktober, die Menschen in jenen Ländern „werden unter der lasterhaften Gier der Superreichen leiden müssen“. Es sei „empörend, dass die Zeche ihrer Exzesse von vielen kleinen Leuten bezahlt“ werden wird. Gerade im Zeitalter der Globalisierung seien die Unterschiede in den Lebenswirklichkeiten der Menschen gewachsen. Der Illusion, dass unser Ergehen von dem anderer unberührt bleiben könnte und die Not der Mitmenschen in der Ferne nichts mit unserem Leben zu tun hätte, könnten und dürften wir uns nicht länger hingeben, hob Bohl hervor, der auch Stellvertreter des Leitenden Bischofs der VELKD ist.

Die Globalisierung habe in einem gewissen Sinn mit der Ausbreitung des christlichen Glaubens begonnen. Schon die ersten Christinnen und Christen lebten in einer Zeit, in der unterschiedliche soziale Zusammensetzungen Differenzen bewirkten, von denen die Einheit bedroht wurde. Offensichtlich gebe es in einer globalisierten Welt keine Selbstverständlichkeit, beieinander zu bleiben. „Nie zuvor gab es so viele Möglichkeiten, in freier Selbstbestimmung das Leben zu gestalten, ohne auf die anderen Rücksicht nehmen zu müssen“, so der sächsische Landesbischof. Nie sei es so leicht gewesen, sich zu trennen und zu anderen Erfahrungen aufzubrechen. „Es ist eine Zeit starker Individuen und schwacher Gemeinschaften.“ Vor diesem Hintergrund gelte es, an das Bild des Apostels Paulus zu erinnern, der die christliche Gemeinde als einen Leib mit vielen Gliedern beschrieb. Paulus fordere nicht die Uniformität, denn die Kirche können nicht aus Gleichgeschalteten bestehen. Vielmehr gehöre die Vielfalt der Gaben zum Wesen der Gemeinde. Gott habe Freude an jedem Menschen, an der unverwechselbaren Individualität eines jeden Einzelnen. Darum gehörten Menschen unterschiedlichen Alters, verschiedener Lebenserfahrungen, Berufe, Gaben, Fähigkeiten und auch unterschiedlicher Frömmigkeiten in ihr zusammen. Die Kirche sei keine Organisation, sondern ein Organismus, voller Dynamik und Verschiedenheit.

Zwickau, 12. Oktober 2008

Udo Hahn
Pressesprecher