„Einladung zum Gespräch über den Glauben“

Stellungnahme des Catholica-Beauftragten der VELKD zur Enzyklika „Spe salvi“

Der Kommentar von Landesbischof Friedrich Weber (Wolfenbüttel) im Wortlaut:

„Wie die erste Enzyklika des Papstes Benedikt XVI: ,Deus caritas est’ ist auch sein zweites Lehrschreiben ein grundlegender theologischer Text, der zu einem zentralen Gegenstand des christlichen Glaubens die Lehre der römisch-katholischen Kirche festhalten will. Es ist ganz nach innen, an die römisch-katholische Kirche, gerichtet und nimmt nur an wenigen Stellen Lehräußerungen anderer Kirchen in den Blick. Ein aktueller Anlass des Schreibens ist nicht zu erkennen; vielmehr gewinnt man den Eindruck, als wolle der Papst in seinen Enzykliken die Trias von 1. Korinther 13,13 (Glaube, Hoffnung, Liebe) auslegen. Wenn das so wäre, dürften wir in nicht allzu ferner Zeit auf eine Enzyklika zum Thema ,Glauben’ hoffen. Das Datum der Veröffentlichung hat vermutlich weniger mit dem Apostel Andreas als bedeutendstem Heiligen der orthodoxen Kirchen zu tun, wie im Vorfeld vermutet wurde, sondern vielleicht eher mit dem Ende des Kirchenjahres als Zeit der Besinnung auf die Ewigkeit.

Ökumenisch bedeutsam sind zwei Dinge:

Die Enzyklika belegt die ökumenische Einsicht, dass die evangelisch-lutherische und die römisch-katholische Kirche sehr viel mehr eint als trennt. Über weiteste Strecken des Textes kann die lutherische Kirche dem Inhalt vorbehaltlos zustimmen und dankbar viele sprachlich schöne Formulierungen und Bilder aufnehmen. Erwähnt sei nur die tiefe – vor allem vom Apostel Paulus gelehrte – Wahrheit, dass die Hoffnung auf das ewige Leben schon hier und jetzt das Leben der Christenmenschen zutiefst prägt und bereichert. Was die römisch-katholische Kirche von der Hoffnung lehrt, gehört zweifellos zu den Dingen, die unsere Kirchen verbinden, nicht zu denen, die uns trennen. Das gilt selbst für die Differenzen: Die erkennbaren Unterschiede in der Lehre von der Hoffnung sind unseres Erachtens nicht kirchentrennend.

Zum Zweiten werden auch die besonderen Akzente der römisch-katholischen Lehre von der Hoffnung nicht ausgeblendet, aber einladend interpretiert. Die Bedeutung der Werke für das ewige Leben und die Vorstellung eines Fegefeuers werden zum Beispiel mit der Notwendigkeit begründet, Gottes Gnade und seine Gerechtigkeit ins rechte Verhältnis zu setzen.

Der Papst behandelt das Thema der Hoffnung auf breiter Basis und führt in der Enzyklika seine – etwa in der Regensburger Vorlesung durchgeführte – Auseinandersetzung mit der Neuzeit fort. So setzt er sich auch mit den neuzeitlichen Vorstellungen von Vernunft und Freiheit auseinander, in denen er ,immer de(n) Gegensatz zu den Bindungen des Glaubens und der Kirche’ findet. Anders gesagt: Vernunft und Freiheit sind erst dann vorbehaltlos zu bejahen, wenn sie kirchlich gebunden sind. Solche Ausführungen reizen zum Diskurs. Und das ist es, was über das bereits Gesagte hinaus die Enzyklika im Inneren prägt und zu einem für die lutherische Kirche erfreulichen Text macht: Sie liest sich nicht wie ein Dekret, sondern wie eine Einladung zum Gespräch über den Glauben, die Liebe und eben die Hoffnung. Wir freuen uns auf dieses Gespräch!“

Hannover, 30. November 2007

Udo Hahn
Pressesprecher